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Libyen: Sarkozy will EU gezielte Luftangriffe vorschlagen

Frankreich prescht vor: Präsident Nicolas Sarkozy will der Europäischen Union gezielte Luftangriffe auf libysche Ziele vorschlagen, wie die Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag unter Berufung auf nicht näher genannte Regierungskreise in Paris berichtete.
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Zudem erkannte Frankreich als erster EU-Staat den oppositionellen Nationalrat als “rechtmäßige Vertreter” des Landes an. Als Zeichen dafür soll nach Angaben des Präsidialamtes ein Botschafter zum Sitz des Nationalrates in Benghazi (Bengasi) geschickt werden. Präsident Nicolas Sarkozy hatte zuvor als erster Staatschef zwei Vertreter des libyschen Rebellenrates empfangen.

Bei dem EU-Sondergipfel zu Libyen am (morgigen) Freitag will Sarkozy seinen Kollegen einen “umfassenden Plan” vorstellen, um auf die Lage in Libyen zu reagieren. Den Kreisen zufolge wurden bereits drei Ziele für die Luftangriffe ins Auge gefasst: Der Militärflughafen in Sirte (Surt), 500 Kilometer östlich der Hauptstadt Tripolis, der Militärflughafen in Sebha (Sabha) im Süden und die Kommandozentrale Gaddafis in Tripolis. Zudem sollen die Kommunikationssysteme der libyschen Streitkräfte gestört werden.

Frankreich wolle die Gegner von Machthaber Muammar al-Gaddafi politisch unterstützten, so ein Sprecher des Elysee. Weil die französische Regierung in den vergangenen Wochen kritisiert worden war, dass sie auf die Revolutionsbewegungen in Tunesien und Ägypten nur zögerlich reagiert hatte, ist Paris jetzt bemüht, in der Libyen-Krise eine führende Rolle einzunehmen.

Die libysche Opposition rief andere Staaten und die EU auf, sich der Haltung Frankreichs anzuschließen. Auch das Europaparlament forderte die EU-Außenpolitikbeauftragte Catherine Ashton am Donnerstag dazu auf, den von Rebellen gebildeten nationalen Übergangsrat, der von Gegnern des jahrzehntelangen “Revolutionsführers” gegründet wurde, offiziell als Ansprechpartner der EU anzuerkennen. In einer von fast allem politischen Gruppierungen unterstützten Resolution riefen die Abgeordneten außerdem die EU-Staaten dazu auf “bereitzustehen” für ein UNO-Mandat zur Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen. Dies müsse in Übereinstimmung mit einem UNO-Mandat und in Koordinierung mit der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union erfolgen.

Auf österreichischer Seite stieß der französische Vorstoß auf Sympathie: Außenminister Michael Spindelegger (V) sprach sich für Gespräche mit der libyschen Opposition aus, ohne direkt für deren Anerkennung als rechtmäßige Vertretung Libyens zu plädieren. Es sei notwendig, dass die Rebellen und Freiheitskämpfer gehört werden, sagte Spindelegger vor einem Sondertreffen der EU-Außenminister in Brüssel. Es müsse auch Klarheit geben, wer für die nächste libysche Regierung die Verantwortung tragen könne. “Gespräche sind sehr willkommen.” Spindelegger sagte, der EU-Gipfel am morgigen Freitag werde eine klare Botschaft aussenden. “Gaddafi hat seine Legitimität verloren. Er kann nicht mehr als Vertreter für Libyen angesehen werden”, betonte Spindelegger, der gleichzeitig meinte, dass es in der EU keine Gegenstimme gebe.

In Deutschland wurde Frankreichs Vorreiterrolle kritischer gesehen: “Man erkennt keine Regierung an, wir erkennen Staaten an”, hieß es in Regierungskreisen in Berlin. “Eine Anerkennung des Rebellenrates ist nichts, was völkerrechtlich von Relevanz ist.” Ashton hatte am Mittwoch eine Anerkennung des Nationalrates als einzig rechtmäßige Autorität des Landes zunächst abgelehnt.

Die UNO-Vetomacht Russland lehnte eine Militärintervention in Libyen jedenfalls ab. Die Charta der Vereinten Nationen besage eindeutig, dass jedes Land das Recht habe, sein Schicksal selbst zu bestimmen, sagte Außenminister Sergej Lawrow in Moskau. Die Einrichtung einer Flugverbotszone müsse genauestens geprüft werden.

Spanien schickte indes als erstes EU-Land heimlich einen diplomatischen Vertreter nach Libyen, um direkte Kontakte mit dem oppositionellen Nationalrat aufzunehmen. Wie am Donnerstag die spanische Zeitung “El Pais” berichtete, traf sich Pablo Yuste, Leiter der spanischen Gesellschaft für Internationale Entwicklungszusammenarbeit (AECID), bereits vor wenigen Tagen mit Angehörigen des Nationalrates, um eine politische Bewertung der Oppositionsvertreter zu machen sowie eine mögliche politische und humanitäre Zusammenarbeit in der Zukunft auszuloten.

In Libyen versuchen Gaddafis Truppen unterdessen weiter, die Rebellen mit allen Mitteln nach Osten zurückdrängen. Nach Angaben der Aufständischen beschossen sie am Donnerstag den Öl-Hafen Al-Sidra und die Stadt Ras Lanuf von Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen aus. Im Zentrum der wichtigen Hafenstadt schlugen mindestens vier Granaten ein, wie AFP-Reporter beobachteten. Bei den Luftangriffen wurden nach Angaben eines Krankenhausmitarbeiters der Parkplatz des Krankenhauses und ein nahe gelegenes Wohnhaus getroffen. 17 Menschen wurden verletzt. In Dutzenden Fahrzeugen flohen Rebellen aus der Stadt, nur wenige Gruppen blieben. “Wir sind besiegt”, sagte der Aufständische Ussama.

Rund um die Stadt finden seit Tagen erbitterte Gefechte zwischen Aufständischen und den Truppen Gaddafis statt. Auch in der westlichen Stadt Al-Zawiya (Sawija) werde weiterhin gekämpft, meldete der Nachrichtensender Al-Jazeera. “Die Stadt steht unter der Kontrolle der Armee”, sagte ein Bewohner der Stadt der Nachrichtenagentur AFP am Telefon.

(Quelle: APA)

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