Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (UN World Food Programme/WFP) errichtete nach eigenen Angaben einen neuen humanitären Korridor im Westen Libyens und leitete erstmals einen Hilfstransport für tausende notleidende Menschen in umkämpften Gebieten in die Wege, die seit Ausbruch der Kämpfe ohne Hilfe geblieben sind. Die Hilfe des WFP hat bisher nach Angaben des Programms rund 187.000 Menschen im Osten Libyens erreicht, rund 17.500 Tonnen Nahrungsmittelvorräte wurden im Land und den umliegenden Gebieten bereitgestellt.
Die libyschen Machthaber unter Gaddafi hatten sich am gestrigen Montag nach UN-Angaben zur Schaffung eines humanitären Korridors für Helfer der Vereinten Nationen bereiterklärt. UN-Sprecher Farhan Haq sagte am Montag in New York, dies sei Teil einer Vereinbarung über humanitäre Hilfe, den die UN-Vizegeneralsekretärin für humanitäre Angelegenheiten, Valerie Amos, am Sonntag mit Regierungsvertretern in Tripolis erzielt habe. Zudem dürfen die UN Hilfslieferungen ins umkämpfte Misrata in Nordlibyen schaffen. Eine entsprechende Einigung hätten UN-Vertreter mit der Regierung von Diktator Gaddafi getroffen, sagte eine Sprecherin des UN-Nothilfebüros OCHA am Montag (Ortszeit) in New York.
Libyen: EU-Kommission hat provisorische Planung abgeschlossen
Die EU-Kommission hatte ihre provisorische Planung für humanitäre Hilfe in Libyen am gestrigen Montag abgeschlossen. Dabei könnten auch Soldaten aus europäischen Staaten zum Schutz von Hilfslieferungen in umkämpften Städten wie Misrata eingesetzt werden.
Deutschland stockt seine humanitäre Hilfe für Libyen um zwei auf etwa sieben Millionen Euro auf. Das zusätzliche Geld soll vor allem für Menschen in der umkämpften Stadt Misrata verwendet werden, wie das Auswärtige Amt am Dienstag in Berlin mitteilte. Damit sollen unter anderem etwa 2.000 Flüchtlinge in den nächsten Tagen aus Misrata in die Rebellen-Hochburg Benghazi (Bengasi) gebracht werden. Das Geld fließt nach Angaben des Auswärtigen Amtes an das UNHCR, das WFP sowie die Internationale Organisation für Migration (IOM).
Laut dem Vorsitzenden des Nationalen Übergangsrats der libyschen Rebellen, Jalil, wollen die Aufständischen in Libyen mit Italien zusammenarbeiten, um die Migrationswelle aus Nordafrika in Richtung Europa zu stoppen. “Wir wollen gemeinsam vorgehen, um an unseren Grenzen die afrikanische Flüchtlingsströme zu stoppen“, sagte Jalil nach einem Treffen mit Außenminister Frattini in Rom. Er hob hervor, dass Libyen noch mehr als Italien unter der Flüchtlingswelle aus afrikanischen Kriegsgebieten leide. “40 Prozent aller in Libyen verübten Verbrechen werden von afrikanischen Flüchtlingen verübt, die nach Europa reisen wollen“, erklärte Jalil.
In den vergangenen Wochen sind fast 3.000 libysche Flüchtlinge in Süditalien eingetroffen. Die italienische Regierung hatte vor einem “Migrantenexodus” aus Libyen gewarnt.
Frattini erklärte, dass Italien Gaddafi Hilfe leisten würde, sollte er in Lebensgefahr schweben. “Wir würden ihm wie jedem anderen Libyer helfen“, erklärte der italienische Außenminister. Dasselbe gelte auch für die Anhänger Gaddafis. Nach Angaben des italienischen Außenministers soll Anfang Mai beim nächsten Treffen der Libyen-Kontaktgruppe in Rom der mögliche Verkauf von Öl durch die Rebellen auf der Tagesordnung stehen.
Jalil meinte Italien, Frankreich und Katar würden bei den zukünftigen Beziehungen des Übergangsrats bevorzugt. Frankreich, Italien und Katar haben den Übergangs-“Nationalrat” der Rebellen in Benghazi als legitime Vertreter des nordafrikanischen Landes anerkannt. Am Mittwoch wollte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy Jalil in seinem Amtssitz empfangen. Das teilte der Elysee-Palast am Dienstag mit.
Im Gegensatz zu Italien und Frankreich erkennt die Europäische Union den “Libyschen Nationalrat” der Rebellen nicht an. Auch Österreich sieht weiter das Regime von Machthaber Muammar al-Gaddafi als Vertretung des Landes. Die österreichische Regierung betrachtet zugleich den derzeitigen libyschen Botschafter in Wien, Ahmed Menesi, weiter als offiziellen Vertreter seines Landes, obwohl dieser sich Anfang März zur Rebellenregierung in Benghazi bekannte. (APA)