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Libyen: Gaddafi-Regime sucht Ausweg in Dialogangebot

Das Regime in Tripolis hat der Opposition Diskussionen über "politische Reformen" angeboten, hält aber am Erhalt der Herrschaft des Gaddafi-Clans fest. Das libysche Volk müsse selbst entscheiden, ob Machthaber Muammar al-Gaddafi als Führer bleiben solle oder nicht, erklärte der libysche Regierungssprecher Moussa Ibrahim am frühen Dienstagmorgen vor Journalisten in Tripolis.
Es könnten Vorschläge diskutiert werden, die zu mehr Demokratie, Transparenz, Pressefreiheit und Korruptionsbekämpfung führen. Gaddafi, der formell kein Amt ausübt, sei von symbolischer Bedeutung für das libysche Volk und somit das “Sicherheitsventil” für die Einheit des Landes, sagte Ibrahim. Von außen könnten Libyen keine Bedingungen aufgezwungen werden. Das Ausland wolle Gaddafi aus eigenem oder wirtschaftlichem Interesse stürzen.

In diese Richtung weist auch ein Bericht des US-Senders CNN, demzufolge die jüngste diplomatische Offensive der Führung in Tripolis die Idee verbreiten sollte, dass Gaddafis Sohn Seif al-Islam die Macht von seinem Vater übernimmt. Dies müsse aber “graduell” erfolgen und dem älteren Gaddafi einen “respektablen” Abschied von der Macht gewährleisten. CNN bezog sich auf eine nicht näher genannte Quelle aus dem Umkreis Gaddafis.

Der libysche Vize-Außenminister Abdul Latif al-Obeidi hatte am Vortag in Athen, Ankara und Valletta Gespräche mit dem griechischen Außenminister Giorgos Papandreou, mit dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu und mit dem maltesischen Ministerpräsidenten Lawrence Gonzi geführt. Offiziell verlautete nur, dass es dabei um Wege einer friedlichen Beilegung des Konflikts in Libyen gegangen sei.

Libyen-Krise: Türkei fordert Rücktritt von al-Gaddafi

Die Türkei hat indessen die libysche Regierung Zeitungsberichten zufolge aufgefordert, mit einem Rücktritt von Gaddafi den Weg für eine Lösung des Konflikts in dem nordafrikanischen Land frei zu machen. Das sei die Botschaft Ankaras für den libyschen Regierungsgesandten Abdelati Laabidi bei Gesprächen am Montag in Ankara gewesen, berichtete die regierungsnahe Zeitung “Sabah” am Dienstag.

Die Übergangsregierung der Aufständischen hatte in den vergangenen Wochen immer wieder betont, dass die Gaddafi-Familie nach Ende des Konfliktes nie wieder eine Rolle im Land spielen sollte. Dies ist auch die Position der westlichen und der meisten arabischen Staaten. Gaddafi und seine Söhne müssten die Macht abgeben und Libyen verlassen, hatte auch der italienische Außenminister Franco Frattini am Montag bekräftigt.

Während seine Emissäre über eine politische Lösung sprachen, ließ sich Gaddafi daheim feiern. Die staatliche Nachrichtenagentur Jana meldete, der “Bruder Führer” habe sich in der Nacht zum Dienstag von Anhängern bejubeln lassen, die zu seinem Bab-al-Asisija-Stützpunkt in Tripolis gekommen waren. Sein Sohn Seif al-Islam erklärte indes in einem BBC-Interview, dass die Abwendung des Außenministers Moussa Koussa vom Regime keinesfalls als Zeichen einer bröckelnden Unterstützung für seinen Vater zu bewerten sei.

Koussa habe sich nicht wirklich von Gaddafi senior losgesagt, sondern lediglich medizinische Behandlung in Großbritannien benötigt. Den Briten hätte er “lustige Geschichten” erzählt, die sie gerne hören wollten, um vom Reiseverbot der internationalen Gemeinschaft für libysche Regime-Funktionäre befreit zu werden. Altgediente Weggefährten seines Vaters wie Koussa seien “alte und kranke Menschen, und wir werden seit zwei Wochen bombardiert”, fügte er hinzu.

Die Kämpfe in Libyen konzentrierten sich am Dienstag erneut auf den Öl-Hafen Al-Brega im Osten und auf die von Gaddafi-Truppen belagerten Enklaven im Westen des Landes wie Misrata (Misurata und Al-Sintan. Die Oppositions-Webseite “Libya al-Youm” berichtete zudem von bewaffneten Zusammenstößen zwischen Aufständischen und Gaddafi-Anhängern in der Oase Kufra. Eine dort stationierte Einheit der Armee hatte sich vor einigen Tagen den Rebellen angeschlossen.

Durch die gewaltsamen Auseinandersetzungen in Libyen brauchen nach aktueller Einschätzung der Vereinten Nationen bis zu 1,5 Millionen Menschen Hilfe. Das teilte das UN-Koordinationsbüro für humanitäre Hilfe (OCHA) am Dienstag in Genf mit. Dazu gehörten auch die über 400.000, die bereits aus dem Land geflohen seien sowie weitere 600.000 Menschen, die in Libyen selbst weiter lebten. Alles in allem werde die Zahl der Hilfsbedürftigen größer, meinte eine Sprecherin.

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