AA

Libanon: Zieht Syrien sich zurück?

Angesichts massiven Drucks der libanesischen Opposition und der internationalen Gemeinschaft will Syrien offenbar seine Truppen aus dem kleinen Nachbarland abziehen. Die syrische Regierung werde bald beginnen.

„Ein syrischer Rückzug ist Teil der syrischen Politik“, sagte Mussa nach dem Treffen mit Assad in Damaskus. „Schon sehr bald werden wir entsprechende Schritte sehen.“ Die amtliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete lediglich, bei dem Gespräch zwischen Assad und Mussa sei es um die „Entwicklungen in der arabischen Region“ gegangen.

Möglicherweise reagierte Assad mit der Andeutung eines Abzuges auf die immer lauter werdenden Proteste im Libanon eine Woche nach der Ermordung des früheren Ministerpräsidenten Rafik Hariri. Mehrere zehntausend Menschen strömten am Montag in Beirut zusammen, um ihre Trauer über den Tod Hariris und ihre Wut auf die Einmischung Syriens in die libanesische Politik Kund zu tun. Neben dem Abzug der rund 15.000 syrischen Soldaten forderten sie den Rücktritt der prosyrischen Regierung.

„Syrien raus“ riefen einige, und: „Wir wollen kein Parlament, das nur als Türhüter für die Syrer agiert.“ Die Menschen waren in rote und weiße Tücher gehüllt, den Farben der Nationalflagge, die inzwischen zum Symbol für den „Unabhängigkeitsaufstand“ der Opposition geworden ist. Viele Demonstranten hielten auch Porträts von Hariri in die Luft.

Der beliebteste Politiker des Landes, der maßgeblichen Anteil am Wiederaufbau nach dem Bürgerkrieg hatte und auch das Taif-Abkommen zur Beendigung der Kämpfe 1989 mit aushandelte, wurde am 14. Februar bei einem Bombenanschlag in Beirut getötet. Es gibt Spekulationen im Libanon, dass Syrien und die von Damaskus unterstützte libanesische Regierung in das Attentat verwickelt sind. Die USA zogen nach dem Anschlag, der 15 weitere Menschen das Leben kostete, ihre Botschafterin aus Syrien ab.

US-Präsident George W. Bush erhöhte am Montag den Druck auf Damaskus. Bei seinem Besuch in Brüssel sagte er, Syrien müsse die Besatzung des Libanon beenden. Die EU-Außenminister wollten noch am Montag eine Erklärung verabschieden, in der eine internationale Untersuchung des Attentats gefordert wird. Zudem werde die EU die Rolle Syriens im Libanon genau beobachten, heißt es in dem Entwurf. Die für April und Mai geplante libanesische Parlamentswahl müsse „ohne ausländische Einflussnahme“ ablaufen.

Mit Straßenkontrollen vor Beirut versuchten die libanesischen Sicherheitskräfte, den Zustrom von Demonstranten einzuschränken. Im Stadtzentrum patrouillierten Polizisten und Soldaten. Oppositionelle Politiker und Studentengruppen riefen zu einer Schweigeminute und zu einem Protestzug von der Stelle des Anschlags bis zur Grabstätte Hariris auf und verteilten rote Rosen.

30 Abgeordnete demonstrierten dagegen, im Parlament über ein neues Wahlgesetz zu beraten, ohne vorher über den Tod Hariris gesprochen zu haben. „Es ist nicht hinnehmbar, eine normale Sitzung abzuhalten, bevor wir wissen, wer Hariri getötet hat“, sagte der drusische Parlamentarier Akram Shehayeb.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Libanon: Zieht Syrien sich zurück?
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.