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Libanon: Überraschendes Bündnis

Die Angst vor einem neuen Bürgerkrieg nach schweren Ausschreitungen islamischer Extremisten in Beirut hat zu einem als sensationell bewerteten schiitisch-christlichen Bündnis geführt.

Die Angst vor der Gefahr eines neuen libanesischen Bürgerkriegs nach den schweren Ausschreitungen islamischer Extremisten in Beirut hat zu einem von den Medien des Landes als sensationell bezeichneten schiitisch-christlichen Bündnis geführt. Die radikale Schiiten-Organisation Hisbollah und die pro-westliche maronitische „Freie Patriotische Bewegung“ (CPL) von Ex-Armeechef General Michel Aoun haben ein gemeinsames „Dokument der Verständigung“ angenommen, das auch die Frage der vom UNO-Sicherheitsrat geforderten Entwaffnung der Hisbollah-Miliz anschneidet. Die multikonfessionelle libanesische Mehrheitskoalition hat Syrien beschuldigt, den Libanon destabilisieren zu wollen. Nach den Angriffen auf westliche diplomatische Vertretungen sind in Beirut nach Presseberichten vom Dienstag insgesamt 440 Personen festgenommen worden.

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah erklärte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit General Aoun, die Entwaffnung der Hisbollah-Miliz, die den Süden des Landes kontrolliert, werde im Rahmen eines „Nationalen Dialogs am Runden Tisch“ entschieden; sie hänge von der „Verteidigung des Libanon gegen die israelische Bedrohung“, von der Befreiung des unter israelischer Kontrolle stehenden Gebiets der so genannten Shebaa-Höfe und von der Freilassung aller in Israel inhaftierten Libanesen ab.

Aoun, der im Mai vorigen Jahres nach dem syrischen Truppenabzug aus seinem 15-jährigen Exil in Frankreich triumphal heimgekehrt war, bewirbt sich um die Nachfolge des durch die UNO-Ermittlungen zum Mord an Ex-Premier Rafik Hariri in Bedrängnis geratenen pro-syrischen Staatspräsidenten Emile Lahoud. Der General war bisher der kompromissloseste Gegner der Hisbollah im christlichen Lager. Seine CPL verweigerte den Beitritt zur Konzentrationsregierung von Premier Fouad Siniora, in der die Hisbollah vertreten ist.

Die Proteste gegen die in europäischen Zeitungen erschienenen Karikaturen des Propheten Mohammed hatten auch zu Übergriffen von Islamisten auf das Beiruter Christenviertel Achrafieh geführt. Präsident Lahoud hatte die Ausschreitungen, in deren Verlauf auch eine maronitische Kirche angegriffen wurde, als „Anschlag auf die nationale Einheit“ des Libanon schärfstens verurteilt. Die Empörung über die Karikaturen sei von der „Gesamtheit der Libanesen“ ausgedrückt worden, unterstrich der maronitische Präsident am Montag in Beirut. Es sei nicht hinzunehmen, dass Demonstranten die Situation zu missbrauchen versuchten, „um Akte im Dienst der Feinde des Libanon zu begehen“.

Sprecher der libanesischen Mehrheitskoalition haben Syrien am Dienstag beschuldigt, aus dem Libanon „einen zweiten Irak“ machen zu wollen. Die durch die Proteste gegen die Mohammed-Karikaturen ausgelösten „Aufstände“ vom Wochenende seien der „Beginn eines vom syrischen Regime angezettelten Staatsstreichs“. Auch ein Sprecher des US-Außenministeriums erklärte, die Ausschreitungen in Beirut seien von Damaskus aus gesteuert worden.

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