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Libanon: Frau und Sohn von IS-Chef Baghdadi festgenommen

Der Verbleib von IS-Chef Baghdadi selbst ist unklar.
Der Verbleib von IS-Chef Baghdadi selbst ist unklar. ©AP (Themenbild)
Beirut. Die libanesische Armee hat Sicherheitskreisen zufolge die Frau und einen Sohn des IS-Chefs Abu Bakr al-Baghdadi festgenommen. Sie seien an der Grenze aufgegriffen worden, sagten Vertreter der Sicherheitsbehörden am Dienstag.

Der Verbleib des Anführers der Extremistenorganisation “Islamischer Staat” ist unklar. Im November war spekuliert worden, Baghdadi sei bei amerikanischen Luftangriffen verwundet oder sogar getötet worden. Das US-Militär hatte nach eigener Auskunft nahe der größten nordirakischen Stadt Mossul einen Konvoi aus zehn Lkw zerstört, in dem mehrere Anführer des IS vermutet wurden.

Kalifat des Schreckens: IS terrorisiert Syrien und Irak

Im Juni erstürmten IS-Kämpfer den Nordirak: Es war der Beginn eines Vormarsches, der die Welt erschreckt. Die Gewalt der Miliz kennt keine Grenzen. Zum Gesicht des Grauens wurde Anführer Abu Bakr al-Baghdadi.

Wie sehr der Islamische Staat (IS) das Handwerk der Propaganda beherrscht, bewies die Terrormiliz an einem Freitag Anfang Juli. In einer der ältesten Moscheen der nordirakischen Stadt Mossul stieg gegen Mittag ein schwarz gekleideter Prediger mit langem Bart auf die Kanzel. Bis dahin hatte sich der Mann Anfang 40 so sehr vor der Welt verborgen, dass ihn manche den “unsichtbaren Scheich” nannten. Nun aber trat er wie aus dem Nichts öffentlich in Erscheinung – als der IS einen Tag später ein Video der Predigt verbreitete, war Abu Bakr al-Bagdadi innerhalb von Stunden der bekannteste Terrorist der Welt.

Seitdem sind die Gräueltaten des Islamischen Staates unzertrennlich mit seinem Gesicht verbunden. Mit Al-Baghdadi an der Spitze hat die Terrormiliz die Landkarte des Iraks und Syriens in diesem Jahr in nur wenigen Wochen neu geformt und in den Gebieten unter ihrer Kontrolle ein Regime des Schreckens errichtet. Anfang Juni stürmten IS-Kämpfer Mossul, eine Millionenstadt. Die irakischen Soldaten rannten in Panik einfach davon. Es war der Anfang eines Vormarsches, der manche im Irak an den Sturm der Mongolen im 13. Jahrhundert erinnerte.

Mittlerweile kontrollieren die Extremisten rund ein Drittel der Fläche des Iraks und Syriens. Die 100 Jahre alte Grenze zwischen den Staaten haben sie aufgelöst und stattdessen ein “Islamisches Kalifat” ausgerufen. An der Spitze steht, wie sollte es anders sein, Abu Bakr al-Baghdadi. Er nennt sich “Kalif Ibrahim”.

“Islamischer Staat” läuft Al Kaida den Rang ab

Selbst dem Terrornetz Al-Kaida hat der IS den Rang abgelaufen, auch weil die Terrormiliz ihren Anhängern eine Vision verkauft: die vom Aufbau eines Staates. Der IS hat eigene Provinzen gegründet, er erlässt Gesetze, er unterhält Gerichte, sogar Bilder von einer eigenen Währung kursieren mittlerweile im Internet.

Der Siegeszug des IS wirkt vor allem auf junge Männer so attraktiv, dass sich Tausende aus dem Ausland den Extremisten angeschlossen haben. Auch Österreicher und Deutsche sollen in ihren Reihen kämpfen und teils ums Leben gekommen sein. Mindestens 9 Deutsche sprengten sich selbst in die Luft.

Selbstmordanschläge als Waffe

Selbstmordanschläge gehören zu den schrecklichsten Waffen der Extremisten. Wann immer sie angreifen, schicken sie Attentäter vor, die sich in den Tod bomben. Das Leben ihrer eigenen Anhänger ist dem IS genauso wenig wert wie das ihrer Feinde.

Wer in die Hände der Extremisten gerät, muss mit brutaler Vergeltung rechnen. Immer wieder erschießen Extremisten ihre Gegner und hängen die Leichen an öffentlichen Plätzen auf – zur Mahnung an andere. IS-Kämpfer verschleppten und vergewaltigen Frauen, manche von ihnen sollen wie Sklavinnen verkauft worden sein. IS-Anhänger sind für mehrere Massaker in Syrien und im Irak verantwortlich. Geiseln schneiden die Terroristen vor laufender Kamera die Kehle durch.

Dieses Schicksal erlitt auch der US-Journalist James Foley, dessen Tod der IS, wie mehrere andere Morde an westlichen Geiseln, in einem Enthauptungsvideo inszenierte. Bilder des wie ein Guantánamo-Häftling ganz in Orange gekleideten Gefangenen schockten vor allem den Westen: Auf einmal war klar, dass der IS nicht nur den Irak und Syrien zerstört, sondern auch Europa und die USA bedroht.

Mittlerweile bombardieren die US-Luftwaffe und ihre Verbündeten – darunter fünf arabische Staaten – den IS im Irak und Syrien täglich. Immerhin ist es so gelungen, den Vormarsch der Extremisten zu stoppen. Zum Symbol des Widerstands ist die nordsyrische Stadt Kobane geworden, wo es den Kurden gelungen ist, die IS-Kämpfer zumindest aus einigen Vierteln zurückzudrängen.

Hat sich das Blatt möglicherweise gegen den IS gewendet? Davon gehen nicht einmal die größten Optimisten aus. Eines ist ohnehin klar: Der Kampf gegen den IS lässt sich nicht in wenigen Wochen gewinnen, auch nicht in Monaten. Anfang September sickerte in Washington durch, das Pentagon bereite sich auf eine jahrelange Militäroperation vor.

Die US-Regierung hat zehn Millionen US-Dollar (acht Millionen Euro) auf Al-Bagdadi ausgesetzt. In ihrem Kampf gegen den IS dürfte sie vor allem auch ihn ins Visier nehmen, was dem IS-Anführer wahrscheinlich nur allzu bewusst ist. Seit dem Auftritt in Mossul ist er wieder in der Versenkung verschwunden. Zu Wort meldet er sich nur noch mit Audiobotschaften. (APA/dpa/red)

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