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Legradi: Totalverlust unerklärbar

©AP
Der ehemalige Generalsekretär und derzeitige BAWAG-Vorstandsdirektor Herbert Legradi kann sich den Totalverlust bei den Sondergeschäften von Wolfgang Flöttl mit BAWAG-Geldern nicht erklären.

Legradi war von Mai 1995 bis Ende 1997 – unter Ex-BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner – Generalsekretär und Pressesprecher der Bank und damit Vorgänger von Peter Nakowitz, heute einer der neun Angeklagten im Prozess. Die von Flöttl getätigten Geschäfte hätten offenbar nicht dem entsprochen, was im Vorstand und Aufsichtsrat der Bank beschlossen worden sei, meinte Legradi heute Montag bei seiner Zeugeneinvernahme im Wiener Landesgericht.

Während einige seiner früheren Kollegen in der Vorstandsetage der Bank nun seit Monaten auf der Anklagebank sitzen, ist Legradi immer noch aktiv in der BAWAG tätig. Seit Dezember 2000 war er im Vorstand der von der BAWAG übernommenen PSK, rückte dann in den BAWAG-Vorstand und blieb dort auch nach der Übernahme durch den US-Finanzinvestor Cerberus.

Durch die 20-prozentige Überdeckung des von der BAWAG an Flöttl zur Investition übertragenen Kapitals dürfte eigentlich kein Totalverlust eintreten, da bei Verlusten zuerst die 20 Prozent Risikokapital und dann erst das BAWAG-Kapital herangezogen werden sollte, führte Legradi heute als Zeuge vor Gericht aus. Außerdem sei er der Auffassung gewesen, Flöttl habe als Grundlage seiner Spekulationen Staatspapiere gekauft, die leicht handelbar seien und bei Verlusten schnell verkauft werden könnten, unabhängig vom darüberliegenden Geschäft, etwa Put-/Call-Optionen.

Vor Eintreten der ersten Verluste mit Flöttl im Herbst 1998 hatte Legradi schon das Generalsekretariat der Bank Richtung Privatkundenabteilung verlassen, weil er von der Stabsstelle zu einer operativen Tätigkeit wechseln wollte, wie er heute erläuterte. Zuvor habe der Vorstand im Aufsichtsrat laufend über die Geschäfte mit Flöttl berichtet. Auch monatliche Saldenbestätigungen und Einbindung der Innenrevision hätte es geben sollen. „Sie sind ja nach wie vor im BAWAG-Vorstand, was ist schiefgelaufen?“, wollte Richterin Claudia Bandion-Ortner dann vom Zeugen wissen. Die Kontrollmechanismen hätten nicht gewirkt oder seien nicht vorhanden gewesen, das Vier-Augen-Prinzip – Kontrolle durch zwei Personen aus unabhängigen Bereichen – sei nicht eingehalten worden, meinte Legradi.

Vom großen Verlust habe er (Legradi) erst im Herbst 2005 erfahren, und zwar – am Weltspartag – am 28. Oktober 2005. Damals sei von 1 Mrd. Euro Verlust gesprochen worden, der aber im Zuge der BAWAG-PSK-Verschmelzungsbilanz bereits „verarbeitet“ worden sei. Die Information über den Milliardenverlust sei auf ihn „hereingeprallt“. Auch von der Garantie des Bankeigentümers ÖGB habe er erstmals erfahren. Dass der BAWAG-Vorstand auch damals nicht den Aufsichtsrat informiert hatte, sondern dies erst nach dem Wechsel an der Spitze durch den neuen Generaldirektor Ewald Nowotny im März 2006 passierte, konnte Richterin Bandion-Ortner kaum glauben. Legradi versuchte dies mit der Einsetzung des Restrukturierungsteams zu begründen, das zunächst die Vorgänge aufarbeiten sollte.

Das Restrukturierungsteam sei aber zur Aufarbeitung der Causa Refco eingesetzt worden, die mit den Flöttl-Verlusten gar nichts zu tun habe, warf der damalige Bank-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger, nun einer der Angeklagten, ein. Der ebenfalls nun angeklagte Ex-BAWAG-Vorstand Christian Büttner ergänzte, dass sich im Zuge der Refco-Causa die von der BAWAG beauftragten amerikanischen Anwälte ein Gesamtbild der BAWAG machen wollten und alle Vorstände befragt wurden. Daraus habe sich dann ergeben, dass man auch diese „Vergangenheit der Verluste“ aufarbeiten müsse. Das Restrukturierungsteam war also anfangs über die großen Verluste mit Flöttl nicht eingeweiht.

Staatsanwalt Georg Krakow fand diese – immerhin fünf weitere Monate lang dauernde – Verschwiegenheit des BAWAG-Vorstands empörend:
„Warum hat man dem Restrukturierungsteam diese notwendigen Informationen nicht gegeben, sondern die da herumgrundeln lassen nach dem Motto, ’findet’s was ist’s gut, findet ihr nichts macht’s auch nichts’?“ fragte Krakow. Refco und die Flöttl-Sondergeschäfte hätten ja gar keine Verbindung, meinte der – nun angeklagte – damalige BAWAG-Generaldirektor Johann Zwettler.

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