Dabei denkt er an römische Kirchen und japanische Tempel, die Altstadt Jerusalems und die bretonische Küste. Er nimmt in Gedanken in kleinen Restaurants Platz, deren ganze Speisekarte mühelos auf einer Schiefertafel Platz hat. Dann lächelt er. Bertolini weiß das Leben zu genießen. Seinem Sinn spürt er hinterher, so lange schon.
Pflicht und Kür
Das Modehaus, das er 1958 vom Vater übernahm, war Pflicht. Studienreisen und universitäre Bildung wurden seine Passion. Als steckte Bertolini damit die Eckpunkte seines weiteren Lebens ab, führte er die erste Reise 1981 in die Klöster des Heiligen Benedikt und nach Rom. Nach dem Tod seiner Frau ging er selber noch einmal zur Schule: Studierte in Bamberg Theologie, Geschichte und Islamistik und fiel, nach Vorarlberg zurückgekehrt, in ein universitäres Loch. Aber nicht lange.
Anfangs 100 Hörer
Er gebar das Montagsforum. Anfänglich kamen 100 Zuhörer. Heute füllt Bertolini an 24 Montagen im Jahr das Dornbirner Kulturhaus mit 700 Zuhörern. Dabei zieht Bertolini einen feinen Strich zwischen Ausbildung und Bildung. Die Vielzahl berufsbildender Einrichtungen konkurrenzieren, das will er nicht. Ihm stehen die zentralen Lebensfragen Woher komme ich? Wohin gehe ich? vor Augen. Dazu holen Bertolini, Werner Matt und Geschäftsführerin Birgit Brida nahmhafte Referenten wie Univ.-Prof. Hermann Lübbe und Univ.-Prof. Bassam Tibi ins Land. Heute wird zum Semesterbeginn der Basler Univ.-Prof. Gottfried Schatz das Wissen der Menschheit skizzieren. Dann sitzt auch Bertolini aufmerksam in der ersten Reihe. Zuvor hat er die Zuhörer noch aufgefordert, ihm eine kleine Turnübung nachzumachen. Dabei setzt er mit einem schalkhaften Lächeln sein Handy außer Betrieb. Weil Bildung Aufmerksamkeit erfordert.