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Lebensmittelkette: Totschnig zog Bilanz über "Fairnessbüro"

Norbert Totschnig kritisiert unfaire Praktiken entlang der Lebensmittelkette.
Norbert Totschnig kritisiert unfaire Praktiken entlang der Lebensmittelkette. ©APA/EVA MANHART (Symbolbild)
Am Dienstag zog Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) erstmals Bilanz über das "Fairnessbüro", jene Ombudsstelle, die Bauern im Kampf gegen unlautere Handelspraktiken helfen soll.

Das Ergebnis: Nach einem Jahr Bestehen wurden mehr als 200 Anfragen registriert, wobei 21 Beschwerden als substanziell bewertet wurden. Entlang der Lebensmittelkette herrsche "ein Kampf mit ungleichen Waffen", so der Minister bei einer Pressekonferenz.

Unfaire Praktiken vor allem im Bereich von Rabattaktionen

Unfaire Geschäftspraktiken beobachte man vor allem im Bereich von Rabattaktionen, deren Kosten von manchen Konzernen an die Lieferanten umgewälzt würden. Einige Zulieferer, die dies nicht akzeptiert hätten, seien mit Auslistung und einem Teilnahmeverbot an entsprechenden Aktionen bedroht worden, berichtete der Politiker. Der heute vorgestellte, erste Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle habe jedoch auch viele Fälle von aufgezwungenen Vertragsbedingungen ans Licht gebracht, insbesondere mit Blick auf eine für die Betriebe nachteilige Gestaltung der Absatzpreise. Dies sei gerade vor dem Hintergrund der Rekordteuerung problematisch. "Solche Berichte bestätigten, dass die Einrichtung des Fairnessbüros richtig und notwendig war", meinte der Minister.

Die noch unter der ehemaligen Agrarministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) installierte Ombudsstelle nahm im März vorigen Jahres ihre Arbeit auf. Landwirte können sich kostenfrei und anonym an die weisungsfreie Stelle wenden, um sich besser gegen die Marktmacht der Handelskonzerne behaupten zu können. In Österreich wird der Lebensmittelmarkt zu nahezu 90 Prozent von großen Ketten wie Spar, Hofer und Rewe dominiert. Durchsetzungsbehörde für Beschwerden ist die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB).

Totschnig zog Bilanz über "Fairnessbüro"

Zu Meldungen an die zuständige BWB sei es bisher allerdings nicht gekommen, wie der Leiter des Fairnessbüros, Johannes Abentung (ÖVP), einräumte. Der Ex-Bauernbund-Direktor begründete dies mit dem Schutz der Beschwerdeführer, deren Identität in einem solchen Fall offengelegt werden müsse. "Jeder dieser Fälle ist so individuell, dass der Beschwerdegegner locker herausbekommen könnte, um was es hier geht." Aus ebenjenem Grund habe man bisher auch keine Schlichtungsverfahren durchgeführt. "Der beherrschende Faktor entlang der Lebensmittelkette ist Angst", sagte Abentung.

Sowohl Totschnig als auch der "Fairnessbüro"-Leiter appellierten dennoch an die Betriebe, sich weiter mit ihren Anliegen an die Beschwerdestelle zu richten. "Je mehr Beschwerden gesammelt und dokumentiert werden, desto eher können Maßnahmen entwickelt werden, die Lieferanten stärken", sagte Totschnig, der die Ombudsstelle als "Radarstation" für noch unbekannte, unfaire Praktiken des Handels bezeichnete. Und: "Wenn sich Hinweise auf unerwünschte Vorgangsweisen in der Lebensmittelkette in nächster Zeit verdichten, werden wir auch eine politische Diskussion über weiterführende Maßnahmen führen müssen."

Totschnig bekam Rückendeckung von der Landwirtschaftskammer

Christoph Teller, Handelsexperte an der Johannes-Kepler-Universität Linz, plädiert dafür, die Zahl der Beanstandungen in Relation zu den "hunderttausenden" Transaktionen und Verträgen zwischen Käufern und Verkäufern zu setzen. Zwar sei es nicht auszuschließen, dass es in manchen Situationen unfaire Praktiken gebe, aber "groß zu sein, heißt nicht böse zu sein", sagte er im "Ö1-Mittagsjournal". Grundsätzlich agiere der Handel in Österreich sehr verantwortlich.

Rückendeckung für Totschnig kam von der Landwirtschaftskammer sowie von der Initiative Oekoreich. Das Fairnessbüro helfe Betroffenen, sich gegen die "Übermacht großer Handelsketten" zur Wehr zu setzen, wurde LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger in einer Aussendung zitiert. Oeokoreich wiederum sah sich durch den Bericht darin bestätigt, dass die "Marktmacht zu systematischem Missbrauch führt", hieß es in einer Mitteilung.

(APA/Red)

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