Die Lindenstraße ist für mich zu einer Leidenschaft geworden und hat mir im Leben viele Freiheiten ermöglicht, sagt Geißendörfer, der am Donnerstag (6. April) seinen 65. Geburtstag feiert.
Die Serie war für mich immer auch ein politisches Instrument, erzählt der Regisseur und Produzent im Rückblick auf seine Karriere. Das Hauptanliegen für mich war, ein großes Publikum zu finden, um auf unterhaltsame Weise Dinge wie Integration von Ausländern oder Arbeitslosigkeit thematisieren zu können. Bereits in seiner Jugend hatte sich Geißendörfer politisch engagiert. Ich war damals ein Hippie und radikal links. Wir wollten alternative Lebensweisen ausprobieren, und ich fing an, Drehbücher zu schreiben.
Nach einer Reihe von Kino- und TV-Filmen – darunter auch der für einen Oscar nominierte Krimi Die gläserne Zelle (1977) – gründete er 1985 mit der Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion (GFF) eine eigene Firma. Die Idee kam ihm nach dem Abschluss der Verfilmung des Thomas-Mann-Romans Der Zauberberg. Der für vier Stunden zugesagte Kinofilm wurde auf zweieinhalb Stunden reduziert. Da habe ich gesagt: Das passiert nie wieder, dass zwei Jahres meines Lebens einfach zerschnitten werden. Und so musste ich meine eigene Firma gründen.
Die ARD-Fernsehserie Lindenstraße ist bis heute das bekannteste Produkt der GFF. Der WDR kam damals mit dem Angebot auf mich zu, einen Mehrteiler zu produzieren. Ich sagte: Wenn überhaupt Fernsehen und nicht Kino, dann etwas, was ewig dauert. Vorbild für Geißendörfer war die englische Serie Coronation Street, die damals bereits rund 20 Jahre im britischen TV lief. Der WDR sagte zu, weil er eine industriell produzierte Sendung wollte, die sehr schnell und dadurch vergleichsweise billig produziert werden konnte.
Damals wurden wir von der Kritik mit Füßen getreten, sagt Geißendörfer, der 2001 als Unikat in der deutschen Produzentenlandschaft mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Aus dem Bewusstsein heraus, etwas Besonderes und Anderes zu sein, entstand auch seine Liebe zu Mützen, die zu seinem unverkennbaren Markenzeichen geworden sind. Als ich in der Pubertät in ein Internat kam, war es für mich wichtig, mich als Original zu definieren. Das funktionierte dann über eine Mütze, die ich als einziger von 900 Schülern den ganzen Tag trug.
Seinen Geburtstag feiert Geißendörfer mit seiner Frau und drei Töchtern auf der griechischen Insel Rhodos, die für den Produzenten zu einer zweiten Heimat geworden ist. Wir feiern in aller Zurückgezogenheit ohne Freunde und Verwandtschaft nur mit der Familie, sagt er. Doch auch wenn er seine Frau und seine Töchter bisher aus dem Filmgeschäft herausgehalten hat, hegt er für die Zukunft eine Hoffnung. Ich hoffe es, dass eine der drei Töchter mich später einmal ablösen wird. Bis dahin plant Geißendörfer noch eine Reihe von Projekten. Unter anderem wird es einen Kinofilm geben – vor 2007 wird das wahrscheinlich aber nichts.