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Leben in Dachau: "Zeit Raum Beziehung" im Volkskundemuseum

©© volkskundemuseum
Wie lebte man im KZ? Weder Worte noch Bilder können so eine Frage beantworten, gestellt werden muss sie trotzdem, immer wieder.

Ihr angenähert haben sich auch 15 Studenten des Instituts für Europäische Ethnologie der Universität Wien, die in einem dreisemestrigen Projekt für die Gedenkstätte im Konzentrationslager Dachau eine Ausstellung konzipierten. Ab heute, Donnerstag, bis zum 14. September ist “Zeit Raum Beziehung” im Wiener Volkskundemuseum zu sehen. “Ganz wichtig war es uns, zu zeigen, wie viel wir einfach nicht wissen”, betonte Kuratorin Michaela Haibl bei der heutigen Presseführung.

Deswegen sind es auch Fragmente, die hier mit viel Sorgfalt angeordnet wurden. Fragmente, die von Beziehungen sprechen – zwischen Menschen und Gegenständen, zwischen Gefangenen, zwischen Überlebenden und ihren Erinnerungen, zwischen Nachkommen und der unerträglichen Geschichte. In Gesprächen mit Überlebenden und in Texten, Zeichnungen und Objekten aus dem Archiv der Gedenkstätte fließen diese Beziehungsgeflechte in einer genau überlegten Ausstellungsarchitektur zusammen. Acht Stationen haben die Studenten erarbeitet, die versuchen, Teilaspekte des Lageralltags konkret werden zu lassen. Wie das zusammengeknüllte Häftlingsgewand, das ein ukrainischer Überlebender bei einem späteren Besuch in Dachau trug um sich dann dort seiner zu entledigen. Oder der Häftlingswinkel Ferdinand Hackls, den er sich “als Souvenir” aufgehoben und mit Tixo auf einem Karton befestigt hat.

Texte erzählen von heimlichen, geschmuggelten Geschenken, einer Mundharmonika oder einer winzigen Statuette, an die sich nicht nur Erinnerungen knüpfen, sondern die von menschlichen Begegnungen und Freundschaften innerhalb des Lagers zeugen. Eine Station widmet sich der erzwungenen körperlichen Nähe vor allem nach April 1944, als Dachau massiv überbelegt war. “Man schlief zu dritt in einem Bett, jede Form körperlicher Intimität war unmöglich”, erklärte Monika Rabofsky, die die Station gestaltet hat, gegenüber der APA. Zeichnungen, die heimlich im Lager angefertigt wurden und Erinnerungen aus Texten und Interviews sind auf Folien gedruckt, die eng übereinander und über dem Grundriss des Lagers hängen.

Im Zentrum des Raumes steht der Tod in seiner Allgegenwart im Leben der Gefangenen. “Er fand überall statt: beim Appell, bei der Arbeit, auf der Blockstraße, auf der Toilette”, wird Stanislav Zamecnik zitiert. Absurd wirken Warnhinweise seitens der Aufseher, um die Übertragung von Krankheiten zu verhindern. “Warum warnte das NS-Regime vor Epidemien? Endet dort, wo es keine Kontrolle hat, seine Macht?” Viele der Texte der Ausstellung stammen aus den Aufzeichnungen des Wiener Journalisten Rudolf Kalmar, der bereits 1938 nach Dachau verschleppt wurde. Ihm ist auch eine Lesung im Rahmenprogramm zur Ausstellung gewidmet (15. Mai). Mit dem Überlebenden Ferdinand Hackl gibt es am 22. April einen weiteren Zeitzeugenbericht über das Leben im KZ, wenn der ehemalige Spanienkämpfer mit seinem Namensvetter, dem Autor Erich Hackl ins Gespräch tritt.

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