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Lawinenabgang in Kanada: Extrembergsteiger Lama und Auer vermutlich tot

Lama und sein Kollege Auer wurden vermutlich von einer Lawine verschüttet.
Lama und sein Kollege Auer wurden vermutlich von einer Lawine verschüttet. ©APA/ROBERT PARIGGER
Bei einem Lawinenabgang in Kanada dürften die Tiroler Bergsteiger David Lama und Hansjörg Auer vermutlich ums Leben gekommen sein.

Die Tiroler Bergsteiger und Kletterer David Lama (28) und Hansjörg Auer (35) sowie ihr US-Kollege Jess Roskelley sind offenbar am Dienstag bei einem Lawinenabgang im Banff-Nationalpark in den kanadischen Rocky Mountains ums Leben gekommen. “Angesichts der Erkundungen vor Ort muss man davon ausgehen, dass alle drei Mitglieder der Gruppe tot sind”, erklärte die Nationalparkverwaltung.

Extremsportler wollten Howse Peak besteigen

Seitens des Außenministeriums gab es Freitagvormittag noch keine offizielle Bestätigung für den Tod der beiden Tiroler. Zunächst müsse eine Bestätigung der kanadischen Behörden vorliegen, sagte Außenministeriumssprecherin Maria Holzmann der APA. Ihren Informationen zufolge war eine Bergung aufgrund der nach wie vor großen Lawinengefahr bis Freitag zunächst nicht möglich.

Lama, Auer und Roskelley wollten den 3.295 Meter hohen Berg Howse Peak im Nationalpark über einen schwierigen Aufstieg an der Ostseite besteigen. Nachdem sie vermisst gemeldet worden waren, hätten Rettungskräfte die Gegend aus der Luft untersucht und dabei Anzeichen für mehrere Lawinenabgänge feststellen können. Im Geröll wurde demnach außerdem Bergsteiger-Ausrüstung gesichtet.

Wie die Outdoor-Bekleidungsmarke “The North Face” mitteilte, werden die beiden Österreicher und der US-Amerikaner seit Mittwoch vermisst. Es sei davon auszugehen, dass sie von einer Lawine verschüttet wurden, erklärte der Sponsor der Extremsportler.

Die Parkverwaltung indes veröffentlichte keine Namen. Die Verantwortlichen sprachen aber von drei höchst erfahrenen Bergsteigern, die verschüttet worden seien. Alle drei Alpinisten hatten in den Tagen zuvor auf ihren Social Media-Kanälen Fotos aus den kanadischen Rocky gepostet. David Lamas Manager kündigte eine Stellungnahme der Familie über die Homepage von David Lama an. Wann diese erfolgen werde, stehe jedoch noch nicht fest.

Suche per Helikopter: Körper gesichtet

Laut dem Vater von Jess Roskelley, John Roskelley, hätte sich sein Sohn am Dienstag melden sollen, was er aber nicht tat. Roskelley alarmierte einem Bericht der Regionalzeitung “The Spokesman Review” zufolge daraufhin Mittwochfrüh (Ortszeit) die Behörden von “Parks Canada”, die eine Suchaktion per Helikopter in Gang gesetzt hätten. Man habe einen ausgedehnten Lawinenkegel, Kletterausrüstung und einen teilweise von Schnee bedeckten Körper gesehen. Roskelley hatte mit seinem Sohn 2003 den Mount Everest bestiegen. Jess Roskelley, damals 20 Jahre alt, war zu dem Zeitpunkt der jüngste US-Bergsteiger, dem dies gelang.

David Lama galt als Ausnahmetalent er der Alpinisten- und Klettererszene. Einer seiner größten Erfolge war die erste Begehung der Kompressor-Route am Cerro Torre mit Peter Ortner im freien Kletterstil im Jahr 2012. Im vergangenen Herbst gelang ihm die Erstbesteigung des 6.895 Meter hohen Lunag Ri in Nepal über den Westpfeiler im Alleingang.

Der Ötztaler Auer wurde vor allem durch seine Free Solo-Klettertouren bekannt – das heißt die Begehung einer Kletterroute im Alleingang unter Verzicht auf technische Hilfs- und Sicherungsmittel. Im April 2017 kletterte Auer etwa die 37 Seillängen und 1.220 Meter lange Route “Weg durch den Fisch” (Schwierigkeitsgrad 7b+) in den Dolomiten auf diese Weise.

Messner: “Schlimmes Unglück”

Tief betroffen über den wahrscheinlichen Tod der Tiroler Alpinisten David Lama und Hansjörg Auer sowie ihres US-Kollegen Jess Roskelley hat sich Extrembergsteigerlegende Reinhold Messner gezeigt. “Es ist ein sehr schlimmes Unglück, schrecklich”, sagte Messner im Gespräch mit der APA. Alle drei hätten zu den besten Bergsteigern der Welt gehört, erklärte der Südtiroler.

Sowohl Lama als auch Auer habe er persönlich gut gekannt, so Messner, der den Angehörigen sein tiefes Mitgefühl aussprach. Lama habe seine “Kletterkunst in große Dimensionen getragen” und zudem über eine “starke Ausstrahlung” verfügt. Auer wiederum, mit dem er in noch engerem Kontakt stand, sei “in jeder Disziplin absolute Weltspitze” gewesen. Er vermute, dass bei dem Unglück in den Rocky Mountains ein Stück der Eiswand heruntergebrochen ist und letztlich zu dem tödlichen Unfall geführt hat.

Traditionelles Bergsteigen “wahnsinnig gefährlich”

Der Unfall zeige einmal mehr, dass das traditionelle Bergsteigen, bei dem man sich in die “absolute Wildnis” begebe und dabei alles selber mache, “wahnsinnig gefährlich” sei. “Es handelt sich dann nicht mehr um eine Frage des Könnens, sondern von Glück und Unglück”, meinte Messner.

Von den Weltbesten, die sich in diesem Bereich bewegen, komme die Hälfte ums Leben – dies sei schon immer so gewesen. “Bergsteigen in dieser Dimension ist faszinierend. Aber es ist auch schwer zu vertreten”, zeigte sich Messner nachdenklich.

Auch Bergsteigerlegende Habeler betroffen

Ebenfalls erschüttert vom noch nicht endgültig bestätigten Tod der Tiroler Alpinisten David Lama und Hansjörg Auer hat sich auch Bergsteigerlegende Peter Habeler gezeigt. “Schlimm, schlimm, schlimm. Das waren die Besten der Besten. Überflieger im positiven Sinn”, so Habeler. Vor allem Lama stand Habeler sehr nahe: “David war eine Ikone.”

Die Zillertaler Alpinistenlegende erinnerte sich an den fünfjährigen David Lama, der damals einen Kletterkurs bei ihm besucht hatte. “Mit einem Schmunzeln hab ich gesagt: ‘David, du kletterst ja schon wie ein Weltmeister. Du wirst einmal Weltmeister'”, so Habeler. Er habe sofort gesehen, dass da ein außergewöhnlicher Könner heranreift. Später habe Lama dann den Übergang von den Kletterhallen in die freie Wildnis, zum traditionellen Bergsteigen, geschafft: “Er hat die Natur mögen. Die mögen ja auch nicht alle. Er wurde ein Vorbild für viele. David war ein humorvoller, ruhiger Mensch. Ich habe ihn über alle Maßen geschätzt”.

Ewig im Gedächtnis werde ihm auch die gemeinsame Tour mit Lama über die berühmte Heckmair-Route durch die Eiger-Nordwand im Jahr 2017 bleiben – 43 Jahre nach Habelers und Reinhold Messners Rekorddurchsteigung. Mit fast 75 Jahren schaffte Habeler, mit Lamas Hilfe, noch einmal die Eiger-Bezwingung. Kurz nach der Tour sei er dann wegen einer Verletzung im Krankenhaus gelegen. “Und wer hat mich als erster besucht? David”, so der Zillertaler.

Beeindruckend an Lama sei zudem gewesen, dass dieser auch die “Kunst des Umdrehens” bei widrigen (Wetter)-Verhältnissen beherrscht habe. Deshalb könne er sich auch vorstellen, dass der Lawinenabgang in Kanada bereits beim Zustieg passiert ist, und nicht erst in der Eiswand. Man brauche Glück, um in diesen Dimensionen zu überleben. Es sei keine Frage des Könnens, pflichtete Habeler seinem Freund Reinhold Messner bei. “Denn gekonnt haben diese Burschen ohnehin alles”, sagte der 76-Jährige.

(APA/Red)

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