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Last Shelter - Trailer und Kritik zum Film

Bilder vom überfüllten Erstaufnahmezentrum Traiskirchen, von Märschen über Bahngleise und von Massen an Grenzübergängen erreichen uns seit dem Sommer Tag für Tag.

Auch Gerald Igor Hauzenberger zeigt sie am Ende seiner Doku “Last Shelter” – stellt ihnen aber Gesichter der Votivkirchen-Besetzung 2012 voran, die inmitten der Zuspitzung der Flüchtlingsdramatik fast vergessen sind. Ab Freitag im Kino.

Last Shelter – Die Geschichte

Über ein Jahr erstreckte sich die Refugee-Bewegung, die im November 2012 mit dem “Protestmarsch” einer Gruppe junger vorwiegend pakistanischer und afghanischer Männer vom Erstaufnahmezentrum Traiskirchen nach Wien begann und nach der Räumung des “Protestcamps” im Sigmund-Freud-Park am 18. Dezember zur Besetzung der Votivkirche führte. Im Schnellverfahren hatten die Männer einen negativen Asylbescheid erhalten, fürchteten jedoch die Abschiebung zurück in ihre Heimat, aus der sie vor Kriegszuständen und religiösen Fanatikern geflüchtet waren. Mehr als zwei Monate verbrachten sie bei Null Grad und teils in Hungerstreik in der Votivkirche, ehe sie ins Servitenkloster und später kurzzeitig in die Akademie der bildenden Künste übersiedelten.

“Last Shelter” begleitet den Kampf der Männer um Asyl über diese Dauer und noch darüber hinaus – beginnend mit dem 25. Protesttag, als insgesamt 63 Männer bereits in der größten neogotischen Kirche Österreichs ihr Bettenlager errichtet haben. Sechs von ihnen rücken für Hauzenberger in den Fokus, erzählen vor der Kamera von den Zuständen, denen sie entflohen sind, von der Hoffnung, in Österreich Sicherheit zu finden, und vom System, das sie im Stich lässt.

Kommentarlos, lediglich mit vereinzelten Texttafeln gestaltet Hauzenberger sein Dokument österreichischer Zeitgeschichte, bei dem er am Ende auch den Bogen ins Heute spannt: Er besucht die Männer, die teils in Österreich oder anderswo noch immer auf ihren Asylbescheid und eine Arbeitserlaubnis warten, kehrt im Sommer 2015 mit einigen von ihnen nach drei Jahren nach Traiskirchen zurück. Die Zustände, die sie damals von dort forttrieben, haben sich seitdem verschlimmert, SPÖ-Bürgermeister Andreas Babler spricht von “einer Schande für Österreich”.

Last Shelter – Die Kritik

Babler ist einer von wenigen, die abseits der Asylwerber vor der Kamera zu Wort kommen. Hauzenberger hat zwar mit zahlreichen Verantwortlichen des Innenministeriums, der Caritas und anderer involvierter Institutionen gesprochen, wollte aber bewusst keinen reinen Interviewfilm machen, wie er der APA sagte. Wichtige Stimmen werden nun am Beginn in einer Art Collage über einen Schwenk durch den großen, dunklen Kirchenraum gelegt, ordnen die Sachlage ein – wenn das auch für Außenstehende, die so gar nicht mit der Thematik vertraut sind, überfordernd sein dürfte.

Die Konzentration auf seine Protagonisten jedenfalls ermöglicht einen neuen Blick über Medienberichte hinaus, und die Begleitung über einen langen Zeitraum vermittelt ein beklemmendes Gefühl des Feststeckens: Wir sehen, wie die Männer zunehmend schwächer werden, körperlich gezeichnet vom Hungerstreik, zurückgeworfen durch laufende Ablehnung, Abschiebungen, Festnahmen. Die drohende Räumung der Kirche durch die Exekutive ist ebenso spürbar wie die herbe Ernüchterung bei der schließlich nur temporären Übersiedelung ins karge Kellergewölbe des Servitenklosters und die Perspektivenlosigkeit Jahre später.

“Last Shelter” ist Hauzenbergers zweite Doku über einen Kampf gegen systemisches Unrecht – und sie ist ebenso zeitlos. 2011 widmete er sich in “Der Prozess” dem nicht minder aufsehenerregenden Gerichtsprozess gegen Tierschützer auf Grundlage des Mafia-Paragrafen 278a. Nun rückt er hochaktuell die Frage nach dem “Danach” der Flucht in den Mittelpunkt – prangert oft jahrelange Asylverfahren an, zeigt allseitige Überforderung und lenkt vor allem den Blick auf jene Menschen, auf die bei der aktuellen dramatischen Nachrichtenlage schnell vergessen werden: Männer wie Shajahan, Numan oder Mustafa, die ohne Asyl und Arbeitserlaubnis seit Jahren in der Luft hängen.

(APA)

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