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Landraub - Kritik zum Film

Seit der Finanzkrise 2008 ist der Begriff in aller Munde: Landgrabbing. Was es für die enteignete Landbevölkerung bedeutet, wenn private und staatliche Investoren aus Industriestaaten riesige Agrarflächen in Schwellenländern kaufen oder langfristig pachten, zeigt Kurt Langbein in seiner Doku "Landraub" (ab Freitag im Kino). Wobei ein derart komplexes Thema in 95 Minuten nur angerissen werden kann.

Bevor die Bulldozer kamen, hatten sie alles, was sie zum Leben brauchen: Von rund 100.000 Hektar Land wurden kambodschanische Kleinbauern vertrieben, ihre Häuser niedergebrannt, um einer ertragsreichen Zuckerrohrplantage Platz zu machen.

Landraub – Die Geschichte

Beispiele wie diese gibt es zuhauf: Ein rumänischer Biobauer erzählt, er sei hier der Letzte seiner Art, nachdem Investoren – darunter auch österreichische – rund 700.000 Hektar Ackerfläche aufgekauft haben. In Äthiopien wird Gemüse angebaut, das noch am Tag der Ernte in die Luxushotels Dubais geflogen wird – und das der armen, hungernden Bevölkerung selbst verwehrt wird. Und in Indonesien wird seit Jahren Regenwald abgeholzt, um Platz für Palmölplantagen zu machen – was Lebensraum nimmt und extrem hohe Mengen CO2 freisetzt.

Meist, so kritisieren Experten vor der Kamera, bewegen sich diese Kauf- und Pachtverträge in einer rechtlichen Grauzone, werden zwischen korrupten Regimes und profithungrigen Konzernen abgeschlossen. Letztere würden Ernährungssicherheit garantieren, zerstören stattdessen aber Sozialstrukturen und fruchtbare Böden – und verbrauchen mehr Energie, als sie produzieren. “Das ist eine neue Welle des Kolonialismus”, urteilt der Agrarwissenschafter und Biobauer Felix Löwenstein, “die uns eines Tages teuer zu stehen kommen wird.” Die EU, fügt der Bauer und Abgeordnete des EU-Parlaments Martin Häusling an, unterstütze das mit einem Fördersystem, das nach Fläche statt nach Bauern ausgerichtet ist. Und auch Österreich sichere Investitionen mit Entwicklungshilfegeldern ab.

Landraub  – Die Kritik

Zu Wort kommen neben vereinzelten Experten vor allem selbstbewusste Investoren und – im krassen Gegensatz dazu – jene Vertriebenen, die nun unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen auf jenen Ackerflächen und in jenen Glashäusern schuften, die sie um ihr Land gebracht haben. Sehr unterschiedliche und teils eindrucksvolle Bilder von gleich drei Kameramännern – Wolfgang Thaler, Attila Boa und Christian Roth – zeigen das Ausmaß teils aus der Vogelperspektive.

Im Rahmen von nur 95 Minuten vermag es “Landraub” leider nicht, tiefer in die Materie vorzudringen – zu viele Regionen wollen der renommierte Wissenschaftsjournalist Langbein und sein Co-Autor Christian Brüser abdecken, zu schnell verlieren sich spannende Protagonisten wieder. Und nur kurz flackert gegen Ende eine Alternative auf, wenn Löwenstein ein Vorzeigeprojekt vorstellt, im Rahmen dessen afrikanische Kleinbauern in der Bewirtschaftung ihrer Flächen unterstützt statt verjagt werden. Betroffen jedoch macht der Film allemal, und regt zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema an. Auch hier hat Langbein vorgesorgt – und mit “Landraub – Die globale Jagd nach Ackerland” im Ecowin Verlag kürzlich auch ein Buch zum Thema veröffentlicht.

(APA)

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