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La La Love

Im Film ist alles immer ein bisschen anders als in der Realität.
Im Film ist alles immer ein bisschen anders als in der Realität. ©pixabay.com (Sujet)
Stellt euch vor, ihr sagt jemandem, er oder sie soll sich von euch fernhalten und plötzlich taucht besagte Person auf - in der Arbeit, beim Essen mit Freunden, bei euch zuhause. Ein Fall für die Polizei, oder? Nicht so in Hollywood.

Filmproduzenten haben die Neigung, alles im Leben ein wenig extravaganter zu machen. In der Uni sitzt man nicht einfach in der Vorlesung, sondern trinkt in Studentenverbindungen mit griechischem Namen, in der jeder oben ohne rumläuft und wie Adonis selbst aussieht bis zur Besinnungslosigkeit. In der Pubertät durchläuft man keine anatomisch seltsame Phase, in der der Kopf unproportional groß ist und die Liebe scheint mehr oder weniger vollkommen. Scheint.

Licht, Kamera, Gefängnis

Auf YouTube erklärt der Account “Pop Culture Detective”, wieso so viele unserer heißgeliebten Filme auf vielen Ebenen problematisch und rein gar nicht romantisch sind.

Er betont zum Beispiel besonders oft das Vorkommen von “stalking for love”, also dem ungebetenen Auftreten eines Protagonisten bei einer Figur, die kein romantisches Interesse hat. Dabei handelt es sich oftmals um Männer, die von einer Frau, an der sie Interesse haben, zurückgewiesen werden und “Nein” als Antwort jedoch nicht akzeptieren. Daraufhin wird alles Menschenmögliche versucht, besagte Frau davon zu überzeugen, mit ihm auszugehen. Dabei fallen, während des plötzlichen Auftauchens, beispielsweise am Arbeitsplatz, oft Sätze wie “Wenn ich mit dir ausgehe, lässt du mich dann in Ruhe?” oder “Was tust du hier?”.

Warum scheint dieses Verhalten in Filmen in Ordnung und in der Realität nicht?

Auf der einen Seite verstärkt es das Gefühl, dass es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick tatsächlich gibt und dass jemand da draußen auf uns wartet, sich Hals über Kopf in uns verliebt und uns die Welt zu Füßen legt. Auf der anderen Seite übersehen wir auch häufig einen ausschlaggebenden Faktor: Oft wissen wir, dass die andere Person ebenfalls heimlich Gefühle hegt und wir finden die Versuche, eine romantische Beziehung zu etablieren, niedlich. Das Problem ist, dass das Gegenüber das nicht weiß. Während wir also eine romantische Verbindung sehen, bei der ein Mann versucht, eine Frau, die Gefühle für ihn hat, für sich zu gewinnen, handelt es sich im Film eigentlich um einen Mann, der absolut keine Ahnung hat, wie besagte Frau fühlt und sie trotz wiederholter Ablehnung nicht in Ruhe lässt. Dabei werden persönliche Grenzen überschritten und manchmal findet sogar emotionale Manipulation statt. Im Film “The Notebook” droht Ryan Gosling zum Beispiel, er würde sich vom Riesenrad fallen lassen, sollte Rachel McAdams nicht mit ihm ausgehen wollen.

Was geschieht, wenn Frauen ein solches Verhalten an den Tag legen? Das Umgekehrte.

Wenn Frauen immer und immer wieder, trotz Ablehnung, beim Objekt ihrer Begierde auftauchen, dann wird das nicht als liebenswert, sondern als verrückt geframed.

Illusionen

Eine Studie mit dem Namen “I did it because I never stopped loving you” der University of Michigan zeigte, dass Personen, die besonders häufig Liebesfilme sehen und denen das Ziehen einer Grenze zwischen Realität und Fiktion schwerer fällt, auch eher für Stalking desensibilisiert werden.

Doch es ist nicht nur das. Auch die Dynamik von romantischen Beziehungen werden von Filmen und Serien in ein ganz anderes Licht gerückt. Häufige Konsumenten von romantischen Komödien glauben eher an den perfekten Partner und an das Schicksal, das sie zusammenführen wird. Sie glauben auch häufiger an Liebe auf den ersten Blick und daran, dass in einer gut funktionierenden Beziehung nicht über Probleme gesprochen werden muss, sondern dass der Partner spürt, wenn etwas nicht stimmt – weil man seelenverwandt ist.

Das Liebesideal ist überromantisiert und Enttäuschungen sind somit vorprogrammiert. Die Annahme, dass Sex immer perfekt ist und sofort einem Ausbruch an Leidenschaft gleicht, führt bei vielen Paaren zu Unzufriedenheit, wenn man nicht jedes Mal zum Höhepunkt kommt und das erste Mal kein Feuerwerk der Emotionen ist.

Dass Zeit und Energie in eine Beziehung fließen müssen, wird in Hollywood nicht thematisiert, weil sich damit kein Geld macht, einen Privatdetektiv anzuheuern, um die verschollene Jugendliebe ausfindig zu machen (“There’s something about Mary”) hingegen schon.

Silver Lining

Verzagen muss man aber nicht. Wer gerne Liebesfilme sieht, muss nicht direkt damit aufhören, doch ein reflektierterer Konsum tut jedem gut, vor allem uns selbst. Denn wer hat sich während einer Tiefphase noch keinen Liebesfilm angesehen und sich danach noch schlechter gefühlt? Und wer hat sich noch nicht gewünscht, dass die Person, mit der man gerade ausgeht, einen Tick romantischer wäre? Ein bisschen wie im Film sogar? Oder, dass er/sie sich für dich ändert und der Traum-Schwiegersohn zum Vorschein kommt? Erwischt. Es passiert den Besten.

Es gibt aber auch eine Reihe von Filmen, bei denen im Namen der Liebe nicht an den Rande des Wahnsinns gegangen wird und diese können auch sehr schön sein.

Text zur Verfügung gestellt von: www.dasgrad.com

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