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Kuwait: Angst vor der Rache Bagdads

Kuwait sieht einem möglichen US-Angriff auf Irak mit Furcht entgegen. Der Notfallplan ist längst fertig. Die Bevölkerung lebt in Angst vor der Rache Bagdads.

In Kuwait wächst die Angst. Mit jeder Drohgebärde Washingtons in Richtung Bagdad rückt ein Militärangriff zum Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein näher. Und die Bewohner des kleinen Nachbarlandes, dessen Invasion durch Irak bereits den ersten Golfkrieg auslöste, bangen um ihre Sicherheit. Denn dass Bagdad sich bei einem Angriff an dem ölreichen Land rächen wird, ist für die Kuwaiter klar. Die Regierung erklärt sich mit einem Notfallplan für das Schlimmste gewappnet. Doch angesichts der Horrorszenarien – Attacken mit biologischen, chemischen oder gar Atomwaffen – trägt das kaum zur Beruhigung ihrer Untertanen bei.

Offenbar im Bemühen um den Zusammenhalt der arabischen Länder gegen die USA setzte Bagdad in der jüngsten Zeit Zeichen der Versöhnung mit dem kleinen Nachbarn. So erklärte die Regierung beim arabischen Gipfeltreffen im März, sie werde die „Unabhängigkeit, Souveränität und Sicherheit Kuwaits respektieren“. Als Kuwait die Annäherungsversuche zurückwies, beschuldigte Saddam Hussein „Amerika und den Zionismus“, die Versöhnungsbemühungen zu torpedieren. Kuwait selbst betonte jedoch, es werde keine „neue Seite“ in den Beziehungen zu Bagdad aufschlagen, solange dieses nicht die seit dem Golfkrieg 1991 verschwundenen oder gefangenen rund 600 Kuwaiter freilasse.

Die bedrohlichen Spannungen mit Bagdad werden den Gedenkveranstaltungen am Freitag, wenn Kuwait den zwölften Jahrestag der irakischen Invasion begeht, wohl einen besonderen Beigeschmack geben. Schließlich ist auch der dortigen Bevölkerung klar, dass es nicht mehr um das Ob eines US-Angriffs auf Bagdad, sondern nur noch um das Wann geht. Und damit um einen erneuten Krieg in ihrer Region. Da nützt es wenig, wenn die Regierung immer wieder betont, sie lehne einen solchen Militäreinsatz der USA ab. Ihr unlängst verkündeter Plan für den Fall eines Angriffs verrät, womit sie wirklich rechnet. „Wir sind für alle Eventualitäten bereit“, erklärte jüngst das eigens eingesetzte Notfall-Komitee.

Ein „geeigneter Sicherheitsmechanismus“ solle dazu dienen, die Grenzen zu schützen sowie Sicherheit und Souveränität des Landes zu sichern, erläuterte Informationsminister Ahmed El Fahd El Sabah diese Woche den Plan. Dabei handele es sich um rein präventive Maßnahmen für den Fall einer „Eskalation in der Region“: „Es gibt keinen Grund zur Sorge.“ Doch Experten sehen das anders. „Sind wir auf einen nuklearen, biologischen oder chemischen Angriff vorbereitet?“, fragt etwa Chaldun El Nakib skeptisch. „Kuwait ist verwundbar“, warnt er. Die Städte des Landes seien weniger als 120 Kilometer vom südirakischen Bassorah entfernt. „Und wir wissen, dass Bagdad Raketen von dieser Reichweite besitzt.“

Auch die Anwesenheit der deutschen und tschechischen Truppen, die auf die Abwehr von ABC-Waffen spezialisiert sind, ändert nicht viel für die Zivilbevölkerung. Denn die ausländischen Soldaten sind für Manöver mit dem kuwaitischen und US-Militär im Land, und nicht um Zivilisten zu schützen, wie Experte Nakib betont. Auch Walid El Bachit ist sich sicher, dass Saddam Hussein einen Angriff der USA seinerseits mit Racheaktionen gegen die Kuwaiter beantworten würde. „Wir sind alle davon betroffen“, sagt der 33-jährige Ingenieur. Eigentlich müssten Gasmasken an alle ausgeteilt werden – „wenn solche Masken uns denn retten können“.

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