AA

Kurdenführer einigt sich mit Schiitenoberhaupt

Der irakische Kurdenführer Jalal Talabani hat sich für eine föderative Staatsordnung im Irak unter Einschluss der kurdischen Gebiete im Norden ausgesprochen.

Der Online-Dienst des deutschen Nachrichtenmagazins „Der Spiegel” veröffentlichte am Dienstag ein Interview, in dem der Chef der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) die Befürchtung zurückwies, die Kurden könnten einen eigenen Staat ausrufen. Talabani erklärte, er habe sich mit dem Großayatollah Ali Sistani, der höchsten theologischen Autorität der irakischen Schiiten, auf demokratische Wahlen noch in diesem Jahr geeinigt.

„Wir sind beide dafür, in sieben oder acht Monaten die erste demokratische Regierung dieses Landes zu wählen”, sagte Talabani im Interview mit „Spiegel-Online”. Bisher hatten die sunnitischen Kurden den Plan der US-Regierung unterstützt, allgemeine Wahlen erst 2005 abhalten zu lassen. Talabani ist Mitglied des von den USA eingesetzten „Regierenden Rates”. Er sagte, Sistani sei „moderat, er will kein islamisches Regime, er will keine Geistlichen auf Ministerposten.”

Bezüglich des Streits um die nordirakische Stadt Kirkuk hielt der PUK-Führer an der kurdischen Forderung fest, dass „die Araber, die unter Saddam (Hussein) dort angesiedelt wurden” die Stadt wieder verlassen müssten. Dennoch werde es „einen vereinten Irak, eine Föderation, in der verschiedene Völker leben” geben.

US-Zivilgouverneur Paul Bremer hatte am Montag seinen Widerstand gegen den Entwurf einer islamischen Übergangsverfassung angedroht. In der vorliegenden Fassung wird der Islam zur Staatsreligion und Inspirationsquelle für die Gesetzgebung erhoben. Sollte das von der US-Zivilverwaltung eingesetzte Verfassungsgremium die Scharia als Rechtsgrundlage verankern, könne er die Verfassung blockieren, sagte Bremer.

Die Schiiten wollen Kompromissvorschläge vorlegen, sollte die UNO auch offiziell von der Durchführung allgemeiner Wahlen vor dem 30. Juni abraten. Am 1. Juli wollen die USA die Entscheidungsgewalt an eine irakische Übergangsregierung übertragen. Ein Sprecher von Großayatollah Sistani hatte am Montag gesagt, die „Marjaiya”, das Leitungsgremium der Geistlichkeit, habe „eine Reihe von Alternativvorschlägen” ausgearbeitet.

Der UNO-Sonderbeauftragte Lakhdar Brahimi hatte sich vergangene Woche in einer ersten Stellungnahme gegen die schiitische Forderung nach allgemeinen Wahlen noch vor dem 30. Juni ausgesprochen. Derzeit ist ein UNO-Expertenteam im Land, um die Möglichkeit von Wahlen zu prüfen. Brahimi will die Ergebnisse der Mission Ende des Monats vorlegen.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Kurdenführer einigt sich mit Schiitenoberhaupt
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.