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Kunst ist Körpereinsatz

Wolfgang Flatz hatte nie ein Problem damit, jene Biedermänner aufzudecken, in denen Brandstifter-Potenzial steckt. Der Künstler Flatz ist ab heute an der Bregenzer Bahnhofstraße präsent.

Vor einigen Jahrzehnten, als dieses Ansinnen in Vorarlberg noch nicht gerne gesehen war, realisierte er seine ersten Kunst-Aktionen. Wobei das Publikum schneller mit Unverständnis (und Gewalt) reagierte als mit Instandsetzung etwaiger Denkfähigkeit. Ein Vernissagebesucher mit einer Tüte über dem Kopf (so eine seiner Adjustierungen) gehört inhaftiert, lautete die Gleichung.

Man könnte den Wiener Aktionismus als Wurzel des Schaffens von Flatz zitieren, oder Andy Warhol oder Bruce Nauman und vielleicht auch Joseph Beuys – und würde Flatz doch nicht fassen können. Er ist Flatz. Ein Künstler, der Friseursalons und Bars einrichtete, der sich mit Pfeilen bewerfen ließ, Rockmusik machte und Möbel zertrümmerte.

Da hier sowieso kein Platz ist für tiefsinnige Abhandlungen, sei eines geklärt – Flatz lässt niemanden kalt. Der Ausbildung zum Goldschmied schließt er ein Kunststudium an, in München nehmen Kenner und Aussteller bald Notiz von ihm. Noch bevor Leningrad wieder zu St. Petersburg wurde, stellt er dort aus, unterrichtet in der Folge an Hochschulen in Staaten der zerfallenden Sowjetunion und nimmt bereits 1992 an der Weltkunstschau „documenta“ in Kassel teil.

Kunst der Verdrängung

Flatz, der am eigenen Körper per Codierung oder Grenzerfahrungen (im Rahmen einer Performance wird er zum lebendigen Glockenschlegel) klarmacht, was „wahre“ oder „die Ware“ Kunst bedeutet, verlangt auch vom Publikum Körpereinsatz. Boxsäcke – exakt in seiner Größe – müssen „documenta“-Besucher mit eigener Kraft verdrängen, sonst gibt es kein Durchkommen.

„Kunst gehört in die Öffentlichkeit“, kommentiert er einige Aktionen und Projekte. Die öffentliche Finanzierung von Kunst betrachtet er differenziert. Dass die Verbindung zwischen Kunst und Wirtschaft nämlich funktionieren kann, hat er bewiesen, als er mit Autokonzernen zusammenarbeitete (und Stuttgart etwa eine Kunst-Porsche-Ansammlung bescherte). Die Medien sind seit jeher sein Spezialgebiet. Wie lange er schon mediale Bilder kommentiert, zeigen ab heute Arbeiten an der Bregenzer Bahnhofstraße. Ganz neue und ältere sind dabei, aktuell sind sie alle.

ZUR PERSON

Wolfgang Flatz

Beruf: Künstler
Geboren: 1952 in Dornbirn
Wohnort: München etc.
Ausbildung: Goldschmiedlehre, Studium Design und Malerei in Graz und München
Laufbahn: Lehrtätigkeit an Hochschulen in Darmstadt, Linz, Leningrad, Moskau etc. Arbeiten in den Bereichen Malerei, Skulptur, Performance, Film, Theater, Musik, Design, Architektur seit 1975. Teilnahme an der „documenta“ in Kassel

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