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Kultur im Internet: Überblick über virtuelles Angebot

Die Kulturstätten bleiben zwar geschlossen, online gibt es aber viel Programmauswahl.
Die Kulturstätten bleiben zwar geschlossen, online gibt es aber viel Programmauswahl. ©APA/AFP/JOE KLAMAR
Derzeit bleiben Kulturstätten in ganz Österreich weiterhin geschlossen. Auf Kultur muss man deshalb jedoch nicht verzichten. Hier finden Sie einen Überblick über das Online-Angebot.

Die Häuser bleiben geschlossen, die Verluste werden höher, der Alltag eintöniger. Doch wer in Corona-Zeiten nicht auf Kultur verzichten will, findet im Internet derzeit ein reichhaltiges Angebot vor, mit dem sich noch Wochen füllen lassen. Grund genug, einen virtuellen Kultur-Tag einzulegen und sich nach Lust und Laune durch die Websites heimischer Institutionen zu klicken. Eine Mammut-Aufgabe.

Kultur im Internet: Das umfangreiche Angebot

Augmented Reality: Stippvisite in der Albertina

Mit Kunst in den Tag starten, das klingt gut. So beginnt der virtuelle Kultur-Marathon in der Albertina. Ein zwinkernder Dürer-Hase, tanzende Insekten von Joan Miró oder ein virtueller Ausflug ins Monets Garten in Giverny: Mit der App "Artivive" erweckt die Albertina derzeit 13 Bilder aus ihrer Sammlung zum Leben. 225.000 Werke lassen sich im Online-Katalog des Hauses bestaunen, einen Rundgang durch das Museum ersetzt das Schmökern allerdings nicht.

Dem zwangsweise auf der Couch sitzenden Kulturfreund bietet das Haus nun mit Augmented Reality ein ganz spezielles zusätzliches Kunsterlebnis - sofern man einen Computer und ein Smartphone bzw. einen Farbdrucker und ein Smartphone besitzt. Schließlich muss die Handy-Kamera beim Betrachten der 13 Werke auf ebendiese gerichtet werden, damit der Spaß beginnt. Hat der Sucher das Bild erkannt, startet das (kurze) Vergnügen: So kann man Alexej von Jawlenskys "Mädchen mit Blumenhut" bei seiner (animierten) Entstehung zusehen, während eine Stimme aus dem Off Hintergrundinfos zu dem 1910 entstandenen Gemälde erläutert.

Ein ganz anderes Erlebnis stellt sich bei Marc Chagalls "Der Papierdrachen" (1926) ein, indem die App einzelne Bilddetails heranzoomt, die zugleich näher beschrieben werden. Bewegung kommt schließlich bei Edgar Degas' "Zwei Tänzerinnen" auf, von denen nicht nur eine Bleistift-Vorzeichnung des ca. 1905 entstandenen Bildes erscheint, sondern die Ballett-Faszination des Künstlers auch mit animierten Elevinnen unterstrichen wird. Wie es aussieht, wenn gemalte Personen plötzlich eine Straße entlang gehen, lässt sich in Paul Delvaux' "Landschaft mit Laternen" (1958) erkunden. Fazit: Einen Museumsbesuch ersetzt Augmented Reality zwar nicht, auch erfordert es einige Konzentration, das Handy mit ruhiger Hand vor dem Bildschirm zu platzieren, unterhaltsamen Kunstgenuss für zwischendurch bietet die Albertina mit dem Tool allemal (www.albertina.at, App "Artivive" im App Store und auf Google Play).

Zwischen "Fledermaus" und "Zauberflöte": Jetzt aber kreative Kinderbetreuung

Stifte und Hefte wegpacken, jetzt geht es ins Theater - zumindest virtuell. Dazu eignet sich im bunten Angebot vom Dschungel Wien über das Theater der Jugend oder den Rabenhof auch das Theater an der Wien. Doch Vorsicht: Das Angebot ist so ziemlich das Gegenteil von Kinder-Berieselung, während die Eltern die Füße hochlegen (oder im Home-Office werken). Hier ist aktive Teilnahme gefragt. Auf der Website findet sich nicht nur eine (dankenswerterweise aus der Perspektive eines Kindes gefilmte) 90-minütige Aufzeichnung der interaktiven Produktion "Papagena jagt die Fledermaus" aus dem Jahr 2019, sondern auch jede Menge theaterpädagogisches Material.

Bevor es in den Zuschauerraum des Theaters bzw. hinter die Kulissen geht, kann gebastelt werden: Rund um Mozarts Oper "Zauberflöte" und Johann Strauss' Operette "Fledermaus" lässt sich neben einem "Küken"-Mobile auch ein zauberhaftes Papiertheater basteln. Neben Vorlagen zum Ausdrucken braucht man dafür lediglich Schere, Kleber, Farben und Fäden. Und - dringend notwendig - ein wenig Geschick. Zur "Zauberflöte" passt die mitgelieferte YouTube-Playlist, die Auszüge aus Torsten Fischers 2017 entstandener "Zauberflöte"-Inszenierung bietet. Wer dann noch nicht genug hat, kann allerlei Masken herstellen: Zur Auswahl stehen neben Papagena und Prinz Orlofsky natürlich u.a. auch Papageno und Olga. Sind die Kinder einmal ganz in der Welt zwischen "Zauberflöte" und "Fledermaus" gefangen, gilt es, selbst zu singen: So kann man auf der Website ein Audiofile herunterladen, zu dem der sängerische Nachwuchs eine Strophe aus Papagenos "Vogelfänger"-Arie anstimmen kann. Das war zwar bei Weitem noch nicht das ganze gebotene Material, aber man hat derzeit ja genügend Zeit, den virtuellen Besuch im Theater an der Wien in den kommenden Tagen fortzusetzen (www.theater-wien.at).

"Abgesagt? Angesagt!": Durchatmen mit Voodoo Jürgens, Kurt Palm und Yasmo

Mitten am Tag zu einem Konzert? Ins Kabarett? Oder zu einer Lesung? - Warum nicht? Rund um die Uhr kann man auf die Video-Auftritte heimischer Künstler zugreifen, die in Kooperation mit W24 im Rabenhof Theater hochwertig produziert wurden. Wie der Wiener Sänger Voodoo Jürgens da vor leerem Auditorium sein Programm abzieht, ist nicht nur ein Hörgenuss - und sorgt im Alltag für ein Schmunzeln. Weiters zu sehen in der laufenden Woche: Kurt Palm (im "Kurz Schluss"-T-Shirt) mit einer mehrteiligen Lesung aus seinem Roman "Monster", die FM4-Award-Gewinner Anger oder Wolfgang Ambros (in einem Ausschnitt aus der "Pest"-Lesung). Ein Highlight: Die Wiener Rapperin und Slam-Poetin Yasmo (Yasmin Hafedh) mit einem bissigen Beitrag über ihre Herkunft. Weltweite Absagen gibt es natürlich auch für Chris Harings Tanz-Compagnie Liquid Loft, das die Rabenhof-Bühne ebenfalls beehrt. Das freut wohl nicht nur die noch zitternden ImPulsTanz-Fans. Charmant moderiert wird der Abend (oder Vormittag oder Nachmittag) von Manuel Rubey. Der Vorteil des virtuellen Theaterbesuchs: Man kann währenddessen ungestört kochen und essen (www.rabenhof.at).

Zehn Stunden "Pest": Am Besten häppchenweise

Nach einem derart bunten Programm ist ein wenig Ernst angesagt: Egal, ob man sich dabei mit einer Tasse Tee auf die Couch begibt oder endlich den lange aufgeschobenen Frühjahrsputz angeht - die von FM4 und dem Rabenhof angestoßene Marathonlesung von Albert Camus' "Die Pest" kann sich nicht nur hören, sondern auch sehen lassen. Aus den jeweiligen Wohnzimmern melden sich in der ersten Folge Schauspieler wie Sophie Rois oder Karl Markovic, Musiker wie Ernst Molden oder Martin Grubinger oder Künstler wie Arik Brauer. In zehn Stunden kann man da schon einige Tage lang die Wohnung auf Vordermann bringen. Die Belohnung? Literarische Wohnzimmer-Botschaften von Elfriede Jelinek bis Anja Plaschg alias Soap&Skin, Manuel Rubey bis Burgtheaterdirektor Martin Kusej und Wolfgang Ambros bis Heinz Fischer. Die Qualität variiert zwar je nach Mikrofon und Webcam, aber häppchenweise lässt sich so auch ein wenig Kenntnis der Literaturgeschichte auffrischen (https://fm4.orf.at/stories/3000956/).

Film ab! Tagesausklang mit der "Stunde Null"

Es muss nicht immer Netflix sein: Eine Rückbesinnung auf die heimische Geschichte bietet derzeit das Filmarchiv Austria, das in dieser Woche im Rahmen der Online-Retrospektive zum österreichischen Kino nach dem Zweiten Weltkrieg unter anderem Karl Hartls "Der Engel mit der Posaune" im Programm hat. Wann hat man schon mal die Muße, mehr als zwei Stunden einen Schwarz-Weiß-Film zu streamen? Eben. Vielleicht haben einige Kulturfans ja noch Janusz Kicas Inszenierung des Romans von Ernst Lothar am Theater in der Josefstadt im Herbst 2017 in Erinnerung, in der Maria Köstlinger Henriette Alt gab, in deren Lebensgeschichte sich die großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts vereinen. Nun kann man Legenden wie Paula Wessely, Helene Thimig, Paul Hörbiger, Oskar Werner, Erni Mangold, Maria Schell, Curd Jürgens und Karlheinz Böhm bei ihrem tragischen Ritt durch die österreichische Geschichte von 1888 bis 1946 beobachten (www.filmarchiv.at).

Und so endet ein dicht gedrängter Tag in der schönen neuen - gratis zugänglichen - Digital-Kultur, die über den Status des Ausprobierens deutlich hinausgewachsen ist. Ein dauerhafter Ersatz des "echten" Kulturerlebnisses ist es bei all der gebotenen Qualität allerdings nicht.

(APA/Red)

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