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Kultur als Lebenselixier

Als Ordnerin des Nationalrats (1996 bis 1999) war Klara Motter immer lange vor allen anderen im Saal.
Als Ordnerin des Nationalrats (1996 bis 1999) war Klara Motter immer lange vor allen anderen im Saal. ©APA
Hard (VN-tm) - Kultur und Familie füllen die Tage der Ex-Politikerin Klara Motter zur Gänze aus.

Was wurde eigentlich aus Klara Motter? Schwer zu beantworten. Dazu muss man ihrer erst habhaft werden. Das geht aber grad nicht, weil sie in Saarbrücken in der „Feuerwache“ sitzt und ihrer Tochter Christiane dabei zusieht, wie die sich als „Blanche“ in „Endstation Sehnsucht“ der Sprache von Tennessee Williams bedient.

Und wie die das tut! Hymnisch gefeiert vom Feuilleton, und Mama sitzt verlässlich in der vierten Reihe. Sofern ihre Aufmerksamkeit nicht gerade ihrem Enkel Anton gehört, dessen musikalische Vorlieben der Oma sehr entgegenkommen: Mozart schätzt der Dreikäsehoch überaus, Mozart und das Vokalensemble Ottava Rima, das sein Onkel Herbert Motter mitbegründet hat.

Wenn sich also Klara Motter, die ehemalige Landes- und Bundespolitikerin, die 13 Jahre im Nationalrat saß und mit der Gründung des Liberalen Forums 1993 kräftig Furore machte, wenn sich die ehemalige Wissenschaftssprecherin ihrer Partei heute also in den eigenen Reihen umsieht, dann ist da Schauspiel und Musik und viel Familie. Und sonst?

Hausbesuch: Auch werktags elegant gekleidet, steigt sie voraus die Treppe hoch. Das markante Gebäude im Harder Ortskern wird eben großräumig umgebaut. Aber die Gastgeberin hält Kaffee und Gebäck bereit, als hämmerte und schremmte da keiner im Obergeschoss. Erst zündet sie noch eine Kerze an vor dem Porträt ihres Gatten Gerhard, der an Silvester vor drei Jahren gestorben ist. Dann ist sie ganz Ohr.

Ohne jede Wehmut

Ob ihr die Politik fehlt? Nein. Auf dem Kanapee liegt ein Stapel durchgearbeiteter Zeitungen. Vor Tagen erst war Klara Motter in Wien. Auch auf Besuch im Parlament und bei Bundespräsident Heinz Fischer, mit dem sie eine Freundschaft verbindet. Zu Heide Schmidt und Volker Kier und all den anderen Mitstreitern im Liberalen Forum hält sie Kontakt. Aber Wehmut? Nein. Allenfalls den Augenblicken, in denen man parteiübergreifend an einem Strang zog, trauert sie hinterher. Vielleicht auch, weil das heute so selten geworden ist. Wenngleich Klara Motter noch immer am politischen Leben Anteil nimmt und Veranstaltungen besucht. Und hin und wieder verschmitzt auf sich aufmerksam macht. Etwa während eines Integrationsvortrags im Vorarlberger Landtag, dem sie später im Small Talk hinzufügt, dass sie als Lindauerin ja wohl die erste Migrantin im Landesparlament gewesen ist. Ansonsten hat sie einfach allenfalls ein veritables Zeitproblem. Den Internationalen Bodenseeclub, dem sie seit 25 Jahren angehört, leitet sie auf Vorarlberger Seite. Organisiert Ausstellungen und Lesungen und Fahrten ebenso zum Kernforschungszentrum CERN bei Genf wie zur Kathedrale von Metz. Dort steht sie dann schweigend, selbstvergessen, und nimmt die Farben der Chagall-Fenster in sich auf, dass sie möglichst lange vorrätig bleiben auf der Rückfahrt.

So, jetzt ist es aber Zeit. Genug geplaudert. Der neue Eco-Roman will noch gelesen werden, und für das Merlin-Ensemble wird sie ein Konzert organisieren. Die Frage, ob sie sich alt fühlt, erübrigt sich. Obwohl . . . als sie vor Tagen in den Bus einstieg, bot ihr niemand einen Sitzplatz an. „Jetzt lassen die die alte Schachtel doch glatt stehen“, empörte sich Klara Motter innerlich, aber dann siegte der Umkehrschluss: „Offenbar halten die mich noch gar nicht für gebrechlich.“ Dachte sichs und genoss die Weiterfahrt in vollen Zügen.

Zur Person

Klara Motter hat sich 1993 zusammen mit Heide Schmidt, Friedhelm Frischenschlager, Hans Helmut Moser und Thomas Barmüller von der FPÖ getrennt und das Liberale Forum gegründet.

Geboren: 1. Oktober 1935

Ausbildung: Zahnmedizinische Assistentin

Laufbahn: 1976 bis 1979 im Landtag, 1986 bis 1999 im Nationalrat, 1982 bis 1992 Bundesparteiobmann-Stellvertreterin der FPÖ, ab 1993 Gründungsmitglied des Liberalen Forums

Familie: verwitwet, zwei Kinder, ein Enkelkind

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