Dann kam die überraschende Wende. In einem Krankenhaus gab mir jemand einen Tipp: Ich kenne da einen Heilpraktiker in Deutschland. Er könnte dir vielleicht helfen. So war es. Knapp drei Jahre lang dauerte die Therapie, dann war Hartinger wieder gesund. Seit dieser Zeit hat sich der gelernte Fotograf intensiv mit naturheilkundlichen Methoden auseinandergesetzt. Er absolvierte die Paracelsus-Schule in Lindau und legte nach weiteren Ausbildungen die anspruchsvolle deutsche Heilpraktiker-Prüfung, die auch von deutschen Ärzten anerkannt wird, ab.
Tipps beim Fotografen
Ich arbeitete damals in einem Fotogeschäft und habe nicht daran gedacht, eine eigene Naturheilpraxis zu eröffnen, sagt Hartinger. Mit der Zeit war es aber so, dass immer mehr Leute ins Fotogeschäft kamen, aber nicht um Fotos machen zu lassen, sondern um sich bei ihrem Fotografen Tipps bei gesundheitlichen Problemen zu holen. Vor 20 Jahren habe ich mich schließlich dazu entschlossen, in Nenzing meine eigene Naturheilpraxis zu eröffnen. Auf Hartingers Initiative gibt es seit 1993 den Gewerbeschein für Hilfesteller, wie die amtliche Bezeichnung für Heilpraktiker in Österreich lautet.
Es war die erste Möglichkeit, in Österreich alternativ im Gesundheitswesen zu arbeiten. Derzeit arbeiten österreichweit 14.000 Personen mit dem Hilfesteller-Gewerbeschein. Da ich diesen Gewerbeschein damals geschaffen habe, könnte ich eigentlich stolz darauf sein, sagt Hartinger. Aber es war als eine Übergangslösung gedacht, denn mein Ziel war die Anerkennung des ganzheitlichen Naturheiltherapeuten und die Integration des Berufsbildes in das Gesundheitswesen. Sehr schnell wurde Hartinger auch die große Schwäche des Gewerbescheines bewusst: Man bekommt ihn ohne Nachweis irgendeiner Ausbildung und es wird nicht immer eingehalten, was die Therapien betrifft.
Deshalb führt und führte es immer wieder zu Konflikten mit der Ärztekammer. Die Wirtschaftskammer habe sich aus diesen Konflikten herausgehalten, bzw. für nicht zuständig erklärt, obwohl sie gutes Geld mit den Gebühren der Gewerbetreibenden verdient habe. Deshalb legte ich 1999 meine Tätigkeit als Berufsgruppensprecher zurück und gründete mit Kollegen den Verband der Ganzheitlichen Naturheiltherapeuten (VGNÖ), um die Konfliktsituation etwas zu entschärfen. Mit Erfolg. Hartinger: Seit dem Jahr 2000 hat kein Mitglied mehr einen Prozess gegen die Ärztekammer verloren. Ich selbst musste 13 Prozesse führen und habe alle ohne Anwalt gewonnen.
Hohe Anforderungen
Wer im Verband der Ganzheitlichen Naturheiltherapeuten Mitglied werden will, muss strenge Auflagen erfüllen: Zertifizierung der Ausbildung mit Gütesiegel ist ebenso Pflicht wie eine 30-stündige jährliche Weiterbildung, Erste-Hilfe-Kurse, Therapeutentreffen, Vorträge etc. Anton Hartinger pocht auf eine strenge dreieinhalbjährige Ausbildung nach deutschem Vorbild. Die Abschlussprüfung muss vor erfahrenen Ärzten und Ganzheitlichen Naturheiltherapeuten abgelegt werden. In Vorarlberg ist diese Ausbildung nicht möglich. Mehr noch: Sie wird nicht einmal anerkannt.
Genau das will Anton Hartinger aber erreichen. Sein Ziel ist es, dass Ganzheitliche Naturheiltherapeuten auch in Österreich in das Gesundheitswesen integriert werden und dass ihr Beruf, ähnlich wie in Deutschland und der Schweiz, als frei und gleichberechtigt anerkannt wird. Mögliche Kursorte wären das WIFI und Volkshochschulen. Denn echte Heilpraktiker verstehen sich nicht als Konkurrenten von Ärzten. Es geht um Partnerschaft und Ergänzung.