Kritik zur Gewinnabschöpfung von Opposition, AK und ÖGB

Für den Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die Arbeiterkammer (AK) ist die Höhe der Besteuerung zu niedrig und der Geltungszeitraum zu kurz. Greenpeace und Fridays For Future (FFF) schlagen in eine ähnliche Kerbe.
Umsetzung der Übergewinnsteuer "deutlich unter Möglichkeiten"
"Die Regierung bleibt bei der Umsetzung der Übergewinnsteuer deutlich unter ihren Möglichkeiten", sagten ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und AK-Präsidentin Renate Anderl laut einer Aussendung am Freitag. Notwendig sei eine Ausweitung der Besteuerung auf den gesamten Energiesektor, eine Erfassung der gesamten Übergewinne 2022, 2023 und 2024 und ein höheres effektives Besteuerungsniveau.
Kritik an Gewinnabschöpfung von der Opposition
Der SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried kritisierte den Vorschlag als "reines Übergewinngeschenk" für Energieunternehmen. "Bei geschätzten Übergewinnen der OMV im Jahr 2022 von sechs Milliarden Euro bleiben der OMV fünf Milliarden über und der Verbund kann überhaupt fast den gesamten Übergewinn für das Jahr 2022 behalten, weil die Steuer erst ab 1.12. greift" rechnete Leichtfried auf einer Pressekonferenz vor. Der Vorschlag der Regierung erfülle "nur mit Ach und Krach" die Vorgaben der EU. Leichtfried forderte stattdessen die Abschöpfung "sämtlicher" Übergewinne.
"Das entspricht schlicht und einfach nicht den Tatsachen. Wie heute früh präsentiert wurde, liegt der Steuersatz für Übergewinne von Energieunternehmen bei 40 Prozent. Wenn Herr Leichtfried also davon ausgeht, dass die OMV 6 Mrd. Euro Übergewinne - also Gewinne, die mehr als 20 Prozent höher sind als der Referenzgewinn aus den Vorjahren - erwirtschaftet, dann sind diese Gewinne auch mit 40 Prozent zu besteuern., kritisierte der Steuersprecher der Grünen, Jakob Schwarz, Freitagnachmittag in einer Aussendung. Bei Übergewinnen von 6 Mrd. Euro seien 1,5 Mrd. Euro an Körperschaftssteuer sowie 2,4 Mrd. Euro an Zufallsgewinnsteuer fällig. Demnach blieben der OMV nur 2,1 Mrd. Euro nach Steuern übrig, rechnete der Grüne Klub vor.
Die von Schwarz vorgelegte Rechnung, bei einem angenommenen Übergewinn der OMV für 2022 von 6 Mrd. Euro würden "nur" 2,1 Mrd. Euro an Gewinn nach Abzug der Übergewinnsteuer überbleiben, ist aus Sicht der SPÖ Humbug. Da nach den Plänen der türkis-grünen Regierung die Steuer erst ab der Jahresmitte greife, dürfe der Konzern rund die Hälfte der Übergewinne des Jahres zu 100 Prozent behalten. Es greife für den Rest ein Steuersatz von 33 Prozent, weil davon auszugehen sei, dass sich der Konzern ein Projekt für erneuerbare Energie anrechnen könne. "Das heißt: Bei 6 Milliarden Übergewinn für 2022, werden 1 Mrd. Euro (33 Prozent von 3 Mrd.) besteuert", so der SPÖ-Parlamentsklub Freitagabend in einer Aussendung. Genaueres wisse man noch nicht. Denn der entsprechende Gesetzesentwurf liege noch nicht vor.
Laut der FPÖ profitiert mit der Maßnahme "ein Krisengewinnler vom anderen". "Die Kunden haben den Konzernen diese Übergewinne ermöglicht. Jetzt kommt der Finanzminister und holt sich dieses Geld", sagte Parteichef Herbert Kickl laut Aussendung. Wirksame Abhilfe könne nur die Halbierung oder gänzliche Streichung der Mehrwertsteuer liefern, so Kickl.
Für die Neos sind "noch viele Fragen offen", eine davon sei etwa, wie man die Gas- von den Strompreisen entkoppeln kann. "Hier darf die Bundesregierung nicht mit dem Finger auf Brüssel zeigen, denn es waren die Regierungschefs, die sich bislang nicht einigen konnten", so Energie- und Finanzsprecherin Karin Doppelbauer in einer Aussendung.
Greenpeace: Maßnahmen "weitgehend mutlos"
Aus Sicht der Umweltschutzorganisation Greenpeace sind die rückwirkende Einführung, die Nicht-Anrechenbarkeit der Körperschaftsteuer und die leichte Übererfüllung des EU-Rahmens zu begrüßen. Auch sie bemängelt allerdings die Höhe und die Dauer der Maßnahmen und nennt sie "weitgehend mutlos". "Notwendig und gerecht wäre eine vollständige Abschöpfung der exzessiven Übergewinne von Öl- und Gaskonzernen und eine langfristige Etablierung dieses Abschöpfungsmechanismus", so die Umweltschutzorganisation. Der WWF forderte unterdessen eine Zweckwidmung von "zumindest zehn Prozent der Übergewinne der Energieversorger für den Natur- und Biodiversitätsschutz".
Die Protestbewegung Fridays For Future (FFF) sprach sich ebenfalls für die Abschöpfung von 100 Prozent der "Zufallsgewinne" aus. Weiters kritisieren die Klimaaktivistinnen und -aktivisten den Startzeitpunkt für die Gewinnabschöpfung bei fossilen Energieunternehmen mit Juli 2022 als zu spät. FFF kündigte einen österreichweiten Streik für den 26. November an.
Verbund signalisierte "Verständnis"
Der betroffene Energieversorger Verbund signalisierte in einer Aussendung "Verständnis, dass ein Beitrag zur Entlastung der Haushalte und auch der Industrie geleistet werden muss". Das Unternehmen bereite die Umsetzung der Maßnahmen vor. Die konkreten Auswirkungen könne man derzeit noch nicht nennen.
So sieht die Gewinnabschöfpung im Detail aus
Laut dem Vorschlag der Regierung soll bei Öl- und Gasfirmen ein Teil des Gewinns abgeschöpft werden, bei Stromerzeugern werden die Erlöse gedeckelt. Konkret soll bei Öl- und Gasfirmen der Durchschnittsgewinn der vier Jahre 2018 bis 2021 als Basis genommen werden. Liegt der aktuelle Gewinn um mehr als 20 Prozent über diesem Durchschnitt, so sollen bis zu 40 Prozent davon abgeschöpft werden. Falls aber Firmen nachweisen können, dass sie in erneuerbare Energie investieren, sinkt die Abschöpfung von 40 auf 33 Prozent.
Bei stromerzeugenden bzw. handelnden Firmen wiederum soll der Erlös mit 180 Euro pro MWh gedeckelt werden. Dieser maximale Erlös sinkt auf 140 Euro/MWh, wenn keine Investitionen in erneuerbare Energien nachgewiesen werden können. Abgeschöpft werden dann 90 Prozent des Erlöses, der 180 bzw. 140 Euro übersteigt.
(APA/Red)