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Kritik von ÖGB, AK und Senioren an Pensionsreform

Folgar durch neue Pensionsdebatten verunsichert würden
Folgar durch neue Pensionsdebatten verunsichert würden
Das Pensionssystem soll wieder einmal reformiert werden. Das fordern zumindest mehr als 50 Sozialexperten, Ökonomen und Unternehmer in einem Aufruf, der am Montag in einer Pressekonferenz präsentiert wurde. Der Plan, der vom ehemaligen Weltbank-Direktor Robert Holzmann vorgestellt wurde, sieht vor, dass künftig das System nur noch über ein Beitragskonto und zweckgebundene staatliche Zuschüsse geführt wird. Das Antrittsalter wäre flexibel, um auf einen ähnlichen Ruhensbezug wie derzeit zu kommen, müsste man vier bis fünf Jahre länger arbeiten.

Die Unterzeichner des Reformwunsches kommen aus allen politischen Lagern. So haben die Initiatoren etwa den früheren Grünen Bundessprecher Alexander Van der Bellen, die ehemaligen SPÖ-Finanzminister Hannes Androsch und Andreas Staribacher, Ex-EU-Kommissar Franz Fischler, den Unternehmer Hans-Peter Haselsteiner sowie diverse Sozialexperten von Theodor Tomandl bis Wolfgang Mazal rekrutiert.

Chancen limitiert?

Ob diese Expertenrunde die Regierung zu unmittelbaren Reformbestrebungen führen wird, sind die Experten nicht ganz sicher. Holzmann meinte, die Chancen stünden kurzfristig etwas limitiert. In fünf Jahren werde eine Reform aber kommen, da sie finanziell unumgänglich sei, war Ulrich Schuh vom EcoAustria-Institut überzeugt. Denn das jetzige “ständige Weiterwursteln” bringe das System nicht weiter.

Pensionsexperte Bernd Marin sieht die Notwendigkeit einer Regelung, die den Versicherten Sicherheit bietet. In den letzten 25 Jahren habe er 28 bis 30 Prozent seiner ursprünglichen Pensionserwartungen eingebüßt. Das sei schon in Ordnung, da es für das System notwendig gewesen sei, aber es sei falsch, den Menschen Ansprüche zu suggerieren, die dann erst nicht eingehalten werden könnten.

Deshalb bauen die Experten nun auf ein nachhaltiges System, das jenem in Schweden nachgebaut werden sollte. Grundprinzip ist, dass auf einem Konto die Beiträge eingezahlt und dann real verzinst werden. Die Pension errechnet sich dann aus der angehäuften Summe dividiert durch die durchschnittliche (Rest-)Lebenserwartung. Wann man die Pension antritt, bleibt jedem selbst überlassen – je nachdem, mit wie viel man zufrieden ist. Eine private Zusatzpension ist nur fakultativ vorgesehen.

Allerdings würde Holzmann dann doch ein Mindestalter einführen, Marin hält nicht einmal das für nötig. Jedenfalls sollte es einen Mindestbetrag geben, der angespart wurde, damit quasi eine Basis-Pension gesichert wäre. Der Bundesbeitrag würde zunächst bestehen bleiben, da im Expertenmodell die gegenwärtigen Ansprüche erhalten blieben, dann aber bis hin zu null abschmelzen.

Dass der Staat deswegen nichts mehr ins Pensionssystem pumpen müsste, ist freilich auch nicht vorgesehen. Zuschüsse zu den Beiträgen sollte es etwa für Zeiten der Kindererziehung oder des Präsenz/Zivildiensts geben. Die würden dann aber auch sofort am Konto erscheinen.

Klar ist für die Experten, dass durch die steigende Lebenserwartung auch länger gearbeitet werden müsste, um auf die gleichen Bezüge wie derzeit zu kommen. Holzmann denkt, dass es für die Generation der heute 40-50-Jährigen in Richtung 70 gehen wird.

Von der Politik erhoffen sich die Fachleute, dass sie deren Angebot, ein neues System zu gestalten, zumindest annehmen. Vernünftig wäre aus ihrer Sicht, wenn zumindest die nächste Regierung eine entsprechende Expertenkommission einsetzt, die binnen Jahresfrist ein Modell ausarbeitet, das dann von der Politik in Details ausgestaltet werden sollte.

Scharfe Kritik am Vorstoß

Der Experten-Aufruf für eine neue Pensionsreform hat zu scharfer Kritik geführt. Massive Pensionskürzungen für die Jüngeren oder starke Beitragserhöhungen wären das Ergebnis, ärgerte sich Wöss, Leiter der AK Wien-Abteilung Sozialpolitik. ÖGB-Präsident Foglar meinte, die Reformen der vergangenen Jahrzehnte sollen einmal wirken, bevor die Menschen durch neue Pensionsdebatten verunsichert würden.

Das Pensionssystem, aber auch andere Systeme der sozialen Sicherheit seien nicht geeignet, unter dem Deckmantel der Krise zusammengestutzt zu werden, befand der Gewerkschaftschef. Natürlich müsse man auch zur Sicherung der Pensionen viel tun, dabei gelte es aber allen voran, Beschäftigung zu schaffen und altersgerechte Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen.

Wöss betonte, dass eine weitere Absenkung des Pensionsniveaus, unter welchem Deckmantel auch immer, der falsche Weg wäre. Die Entwicklung in Deutschland, wo nach drastischen Pensionskürzungen nunmehr über Ergänzungszahlungen zu den Pensionen diskutiert werde, sollte Warnung genug sein.

Pensionistenverbands-Chef Blecha hielt in einer Aussendung fest, “dass man schon heute länger als bis 65 arbeiten kann – wenn der Betrieb es will.” Man solle also nicht so tun, als ob längeres Arbeiten in Österreich “verboten wäre”. Zum von den Experten gepriesenen schwedischen Modell merkte Blecha an, “dass es dort beispielsweise für den Dienstgeber keine Höchstbeitragsgrundlage gibt. Da bin ich gespannt, was der Herr Leitl dazu sagt.”

(APA)

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