Kritik für geplante Verfassungs-Stiftung

Die Stiftung soll etwa Informationen über Verfassung und Verfassungsgerichtsbarkeit zur Verfügung stellen, Forschung zu Verfassungsfragen und die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) fördern und einen Verfassungspreis verleihen. In der Konstruktion sieht allerdings etwa die Jus-Fakultät der Uni Wien einen zu starken Einfluss des VfGH selbst.
Stiftungs-Einrichtung beruht auf Vier-Parteien-Antrag
Die Initiative zur Einrichtung der Stiftung beruht auf einem Vier-Parteien-Antrag im Nationalrat. Dotiert werden soll sie vom Finanzminister - und zwar zunächst durch einen einmaligen Betrag von 710.000 Euro sowie später jährlichen Zuwendungen von mindestens 700.000 Euro. Damit sollen etwa neben "bewusstseinsbildenden Aktivitäten in der Öffentlichkeit" und diversen Veranstaltungen zur Verfassung bzw. zum VfGH auch die "Durchführung und Förderung von wissenschaftlichen Arbeiten über die österreichische Bundesverfassung sowie über den Verfassungsgerichtshof und seine Rechtsprechung" gefördert und alle zwei Jahre ein mit 40.000 Euro dotierter Verfassungspreis vergeben werden.
Der Vorstand der Stiftung soll dabei aus drei Verfassungsrichtern bestehen, die auf Vorschlag von zwei Drittel aller VfGH-Mitglieder und nach Anhörung des Kuratoriums von dem für Verfassungsangelegenheiten zuständigen Regierungsmitglied bestellt werden. Im Kuratorium wiederum sollen unter anderem Ex-Verfassungsrichter, die Präsidenten der anderen Höchstgerichte, Vertreter der Wissenschaft, der Anwälte sowie Parteien- und Kammervertreter sitzen.
Geplante Verfassungs-Stiftung sorgt für Kritik
Neben grundsätzlich positiven Begutachtungs-Stellungnahmen von diversen Institutionen, die sich aber selbst noch in das Kuratorium hineinreklamieren, sticht vor allem die deutliche Kritik der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Wien hervor. Diese merkt etwa einleitend an, dass die Öffentlichkeitsarbeit eines Gerichts auch "Risiken für seine rechtsprechende Tätigkeit und sein Ansehen mit sich bringen kann". Der Gesetzesvorschlag mache etwa "die Forschung zur eigenen Rechtsprechung zur Aufgabe des VfGH" und lagere dessen Öffentlichkeitsarbeit an eine Stiftung aus.
"Kurz zusammengefasst, ermöglicht es der Gesetzesentwurf dem VfGH, die Wahrnehmung und Würdigung der eigenen Rechtsprechung mit erheblichen Mitteln selbst zu steuern", befinden die Jus-Professoren. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass der Stiftungsvorstand einzig aus drei VfGH-Mitgliedern besteht. Diese könnten etwa bestimmen, wie sich die Stiftungsmittel verteilen, welche Aktivitäten entfaltet, welche Inhalte behandelt bzw. welche Projekte anderer gefördert und wie die Ergebnisse veröffentlicht werden.
Finanzprokuratur hinterfragt Stiftungs-Konstruktion
"Die VfGH-Zweidrittelmehrheit hat also über den Stiftungsvorstand die volle Kontrolle über die VfGH-Forschung mit mehreren hunderttausend Euro jährlich", heißt es in der Stellungnahme. Externe Kontrollen wissenschaftlicher Art seien nicht vorgesehen. "Dieses Modell könnte im Extremfall zu einer 'Verfassungsgerichts-Hofforschung' führen."
Anders sehen das die Vorstände der öffentlich-rechtlichen Institute der Universität Linz. "In der geäußerten Schärfe" könne man die Kritik nicht teilen, heißt es in einem Schreiben der Professoren an die Verfassungssprecher der Parlamentsparteien. Zwar könne man über Fragen der optimalen Organisationsstruktur immer trefflich diskutieren. "Die Gefahr, dass durch das gegenständliche Gesetzesvorhaben die 'kritische Reflexion über die VfGH-Judikatur durch die Wissenschaft und die Öffentlichkeit' (und damit letztlich die Wissenschaftsfreiheit) beeinträchtigt werden" oder der VfGH in eine Abhängigkeit vom Nationalrat geraten könne, sehe man aber nicht. Das Fördervolumen sei außerdem zwar keineswegs unbeachtlich, aber doch "überschaubar".
Die Finanzprokuratur wiederum hinterfragt die Stiftungs-Konstruktion an und für sich. Schon derzeit werde etwa vom Verein Forum Verfassung ein Verfassungspreis vergeben, dieser habe auch die Förderung der Forschung bzw. der öffentlichen Diskussion zum Ziel. "Weder dem Gesetzesentwurf noch den Materialien kann entnommen werden, aus welchen sachlichen Gründen die Gründung und Etablierung einer Stiftung (...) erforderlich ist, um die im Gesetzesentwurf genannten Aufgaben erfüllen zu können." Darzulegen sei auch, warum die genannten Geldsummen nötig sind, so die Finanzprokuratur.
(APA/Red)