AA

Kritik an öffentlich-rechtlichen Sendern

Heftige Kritik an den öffentlich-rechtlichen Sendern in Deutschland und Österreich kommt von RTL-Informationsdirektor und Chefredakteur Hans Mahr.

ARD und ZDF würden mit ihren Gebühreneinnahmen den Wettbewerb im Sportrechtehandel verzerren und ihre „Gebührenposition nutzen, um die Rechte teurer zu machen und sie dann zu kaufen“, so der Medien-Österreicher Mahr am Rande der Telemesse in Köln im Interview mit der APA.

„Wenn man bedenkt, dass in Deutschland die Öffentlich-Rechtlichen in den nächsten vier Jahren mehr als eine Milliarde Euro für Fußballrechte ausgeben werden, die Privaten von der Werbekrise stärker betroffen sind als die Öffentlich-Rechtlichen und diese aus der Kasse der Bürger auch noch dazubekommen sollen, verzerrt das natürlich die Möglichkeit, solche Rechte zu kaufen“, erklärt Mahr. RTL habe deshalb bewusst auf Fußball verzichtet. Stattdessen setzt man weiter auf Event-Fernsehen mit Formel 1 und Skispringen. Ernstes Interesse zeigt Mahr an den Rechten für die Tour de France. Ansonsten sieht er im Moment keine weiteren Sportarten, die das Zeug zum Event haben.

Kritisch sieht der RTL-Infochef auch die Gebührensituation in Österreich. „Dass hier eine gewaltige Erhöhung kommt, wo wir ohnehin eine der teuersten Gebühren in Europa haben, hat mich schon erstaunt. Und dass der ORF damit neue Formate finanziert, wo es um die Verführungskünste von Männern und Frauen geht, sollte man zumindest vermerken.“ Mahr spielt damit auf die MTV-Kuppel-Show „Dismissed“ an, die der ORF ab September übernimmt und danach auch mit dem Musiksender koproduzieren will.

In der Diskussion um die Glaubwürdigkeit der BBC rund um die Berichterstattung über den Irak-Krieg steht Mahr hingegen auf Seiten des britischen öffentlich-rechtlichen Senders. „Es gibt keine Beweise für Massenvernichtungswaffen, und dass Berichte der Geheimdienste aufgebauscht wurden, dementiert ja kaum noch jemand. Die BBC hat sich absolut richtig verhalten.“ Die „Mutter“ aller öffentlich-rechtlichen Sender habe den „Töchtern“ in Deutschland und Österreich jedenfalls einiges voraus. „Es gehört schon Mut dazu, als staatlicher Rundfunk so gegen die offizielle Politik einer starken Regierung aufzutreten.“

Beim ORF vermisst Mahr diesen Mut derzeit. „Der ORF spielt eine solche kritische Rolle seit einiger Zeit ganz sicher nicht. Man spürt, dass die Regierung als Freund betrachtet wird. Man hat sich nicht schrecklich bemüht, etwa die Hintergründe der Pensionsreform oder der Gesundheitsreform kritisch zu hinterfragen. Offensichtlich hat die Gegenreform beim ORF bewirkt, dass man etwas vorsichtiger geworden ist. Das ist schade.“

Mit der Informationskompetenz von RTL ist Mahr indes zufrieden. „Wir waren in den vergangenen Jahren die einzigen am Informationsmarkt, die reininvestiert haben. Jetzt kommen die Früchte dieser Arbeit.“ Für die Berichterstattung über den 11. September oder den Irak-Krieg gab es denn auch eine Reihe von Auszeichnungen.

Beim Nachrichtensender n-tv, an dem RTL seit diesem Jahr gemeinsam mit CNN beteiligt ist, stecke man mitten in der Reform. „Wir haben das ganze Programm neu geordnet, entschlackt und übersichtlicher gemacht. Und wir haben das grafische Bild so verändert, dass es zeitgemäß ist. Das war bisher etwas Schwarz-Weiß-Fernsehen.“ Darüber hinaus setze man nun verstärkt auf Stars wie Sandra Maischberger. Die ersten Ratings seien vielversprechend. „Wir sind wieder davon gezogen.“ Jetzt müsse man warten, dass sich die Wirtschaft erholt, die „Werbemillionen rollen“ und der Sender in die Gewinnzone geführt wird. Für 2003 erwartet Mahr aber noch keinen Gewinn bei n-tv. „Dieses Jahr werden wir noch schwer zu kämpfen haben, weil das erste Halbjahr überhaupt nicht gut gelaufen ist. Die Zurückhaltung der Werbewirtschaft spürt ein Spartensender natürlich besonders.“
(Das Interview führte Johannes Bruckenberger/APA)

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Kritik an öffentlich-rechtlichen Sendern
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.