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Krise zwischen Kuba und USA spitzt sich zu

Von Tauwetter nach Carter-Besuch nichts mehr übrig. Das Verhältnis zwischen Washington und Havanna ist eisig wie im Kalten Krieg. Bush plant Strafmaßnahmen.

Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, da schienen zwischen Kuba und den USA neue Zeiten angebrochen. Der frühere Präsident Jimmy Carter besuchte im Mai 2002 das sozialistische Eiland, forderte dort öffentlich politische Reformen, und seine Rede an der Universität von Havanna wurde sogar live im Staatsfernsehen übertragen. Doch von dem damaligen Tauwetter ist nichts geblieben. Das Verhältnis zwischen Washington und Havanna ist eisig wie im Kalten Krieg.

US-Medienberichten zufolge plant Präsident George W. Bush jetzt neue Strafmaßnahmen gegen Kuba. Geldüberweisungen sollen verboten und Direktflüge stark eingeschränkt werden. Diese Sanktionen wären eine Reaktion auf die Verurteilung von 75 Dissidenten zu hohen Haftstrafen und die Hinrichtung von drei Ausreisewilligen, die eine Passagierfähre entführt hatten. Die Führung in Havanna argumentiert, die USA hätten sie mit ihrer aggressiven Haltung zu diesem harten Vorgehen gegen die Opposition erst gezwungen. In einer durch den Irak-Krieg aufgeheizten Atmosphäre beschuldigen sich beide Seiten, eine Massenflucht zu provozieren. Erinnerungen an 1994 werden wach, als zehntausende Kubaner versuchten, die USA zu erreichen.

Aus Havannas Sicht ist die Regierung Bush die feindseligste seit dem Sieg der Kubanischen Revolution 1959. Mehr als 30 antikommunistische Exilkubaner hätten jetzt Regierungsposten in Washington inne und damit maßgeblichen Einfluss auf die Politik des Präsidenten. Deren Leitlinien gab Bush am 20. Mai vorigen Jahres wenige Tage nach dem Carter-Besuch bekannt. Anders als Carter schloss Bush eine Aufhebung des 40 Jahre alten Handelsembargos vor einem Regimewechsel aus.

Als Reaktion auf Bushs Rede ließ Staats- und Parteichef Fidel Castro vorigen Sommer den Sozialismus als Staatsform „unwiderruflich“ in der Verfassung festschreiben. Als dann der neue ständige US-Vertreter in Havanna, James Cason, gemäß Bushs Ankündigung begann, die Dissidenten aktiver denn je direkt zu unterstützen, schlug das Regime gnadenlos zu. Nach einem umstrittenen Gesetz wurden 75 Regimekritiker wegen ihrer Kontakte zu Cason zu insgesamt 1454 Jahren Gefängnis verurteilt. Einige Oppositionelle meinten hinter vorgehaltener Hand, Cason habe ihnen einen „Bärendienst“ erwiesen.

„Auf verstärkte nordamerikanische Aggression folgt verstärkte kubanische Diktatur, und auf verstärkte kubanische Diktatur verstärkte nordamerikanische Aggression“, beschreibt der mexikanische Schriftsteller und Ex-Diplomat Carlos Fuentes das Eskalationsmuster in den kubanisch-amerikanischen Beziehungen. Öl ins Feuer goss Cason bei einer Rede am 7. April in Miami (US-Bundesstaat Florida): „Die fortschreitende Desintegration der kubanischen Gesellschaft schafft Instabilität in der Region und beschwört die Gefahr einer neuen Massenflucht in Richtung USA herauf“, sagte Cason für jeden hörbar.

Kubas Regierung behauptet hingegen, es seien die USA, die eine Fluchtwelle schürten. Außenminister Felipe Perez Roque kritisierte, dass Washington die Zahl der Visa für die legale Einreise drastisch reduziert habe. Die Exekution der Bootsentführer wird von den regierenden Kommunisten als Maßnahme zur Verhinderung einer solchen Massenflucht gerechtfertigt. Doch mit seiner harten Linie hat Castro für einen Schulterschluss unter seinen Gegnern auf der anderen Seite der Florida-Straße gesorgt. Seit den Urteilen gegen die Dissidenten sind unter den Exilkubanern die Stimmen derjenigen verstummt, die für einen Dialog mit Havanna eingetreten waren.

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