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Kriegsverbrechen: Putin trotz IStGH-Haftbefehl in Mongolei empfangen

Experte: Festnahme Putins wäre "selbstmörderisch" für Mongolei.
Experte: Festnahme Putins wäre "selbstmörderisch" für Mongolei. ©Sputnik/Reuters
Der russische Präsident Wladimir Putin ist ungeachtet des gegen ihn vorliegenden Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) vom mongolischen Staatschef Uchnaagiin Chürelsüch in Ulaanbaatar empfangen worden.
Mongolei: Pompöser Staatsempfang für Putin
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Die Gastgeber boten auf dem zentralen Platz der Hauptstadt am Dienstag unter anderem Soldaten in traditionellen Uniformen und zu Pferde auf. Es ist der erste Besuch Putins in einem IStGH-Mitgliedsland seit Erlass des Haftbefehls gegen ihn im März 2023.

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Putin: "Keine Sorgen" wegen möglicher Festnahme

Die Mongolei hat das Römische Statut zum IStGH (bzw. ICC/International Criminal Court) im Jahr 2000 unterschrieben und es 2002 ratifiziert. Die Grundlage des Gerichts sieht vor, dass Vertragsstaaten Verdächtige festnehmen, gegen die ein IStGH-Haftbefehl vorliegt. Der Kreml hatte im Vorfeld der Reise mitgeteilt, Putin mache sich "keine Sorgen" wegen einer möglichen Festnahme in der Mongolei.

Pompöse Empfangszeremonie

Putin war am Montagabend in Ulaanbaatar (Ulan Bator) gelandet. Nach der pompösen, offiziellen Empfangszeremonie wollte er im Laufe des Dienstags an den Feierlichkeiten zum 85. Jahrestag des Sieges der sowjetischen und mongolischen Streitkräfte über Japan teilnehmen.

Haftbefehl: Ukrainische Kinder nach Russland verschleppt

Der IStGH hatte im März 2023 Haftbefehl gegen Putin erlassen. Es gebe "vernünftige Gründe anzunehmen", dass der russische Machthaber "die Verantwortung für das Kriegsverbrechen der widerrechtlichen Deportation" ukrainischer Kinder nach Russland trage, erklärte das Gericht damals. Die Regierung in Kiew wirft den russischen Behörden vor, aus den von ihr kontrollierten ukrainischen Gebieten tausende Kinder aus Kinderheimen und anderen staatlichen Einrichtungen nach Russland gebracht zu haben. Insgesamt wurden IStGH-Haftbefehle gegen russische Top-Verantwortliche wegen des Ukraine-Krieges erlassen, darunter der mittlerweile abgetretene Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow.

Putin traf im Anschluss mit Chürelsüch zusammen und lud ihn zum kommenden Gipfeltreffen der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika sowie später hinzugekommen Iran, Ägypten, Äthiopien, und Vereinigte Arabische Emirate) nach Russland ein. "Wir erwarten Sie", sagte Putin russischen Nachrichtenagenturen zufolge bei dem Gespräch.

Gespräche über wirtschaftliche Zusammenarbeit

Die von Russland und China dominierte Gruppe großer Schwellenländer trifft sich Ende Oktober in Kasan, Hauptstadt der Teilrepublik Tatarstan. Putin sagte, er wolle in der Mongolei vor allem über die wirtschaftliche Zusammenarbeit sprechen.

Experte: Festnahme wäre "selbstmörderisch" für Mongolei

Die Mongolei wird von den Großmächten Russland und China geografisch umschlossen und bemüht sich um ein ausgewogenes Verhältnis zu den mächtigen Nachbarn sowie zum Westen. Eine Festnahme Putins galt schon allein wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit von beiden Nachbarn als unwahrscheinlich. Für den Mongolei-Experten Julian Dierkes wäre das geradezu "selbstmörderisch" für die Mongolei, wie er vor dem Besuch analysierte. Die Mongolei bezieht unter anderem viel Treibstoff aus Russland. China ist der wichtigste Handelspartner der Mongolei, wohin das Land mit rund 3,4 Millionen Einwohnern seine Rohstoffe wie Kohle exportiert.

Erdgasleitung nach China soll durch Mongolei führen

Bei Putins Besuch in Ulaanbaatar dürfte Medienberichten zufolge die geplante Erdgasleitung Power of Siberia 2 ein Thema sein, die Russland nach China bauen will. Sie würde durch die Mongolei führen. Bisher haben sich Peking und Moskau aber nicht über den Preis einigen können. Das Parlament der Mongolei hat in einem Beschluss vom August keine eigenen Mittel für die Pipeline eingeplant. Dies wird nach einem Bericht der "New York Times" als Zeichen gewertet, dass das potenzielle Transitland eher nicht mit dem Bau rechnet. Seit fünf Jahren besteht zwischen Russland und der Mongolei ein Vertrag über friedliche Beziehungen und eine umfassende strategische Partnerschaft, wie die mongolische Staatsagentur Montsame schrieb.

(APA)

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