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Kriegerische Kunstfigur: "Sitting Bull" im Völkerkundemuseum

Von den Medien als Staatsfeind Nummer Eins gehandelt, von den amerikanischen Behörden ohne Anklage in Sicherheitsverwahrung genommen, von anderen als Leitfigur des Widerstands gegen die US-Staatsgewalt verehrt und von der Popkultur längst für sich eingenommen: Parallelen ins Heute gibt es viele, wenn man sich im Wiener Völkerkundemuseum ab morgen, Donnerstag, bis zum 15. März das Schicksal von "Sitting Bull" vergegenwärtigt.
Die Lebensgeschichte jenes selbst ernannt “letzten Indianers”, der auch innerhalb seines Volkes der Lakota eine umstrittene Persönlichkeit war und ist, wird in der Ausstellung zum Brennglas der amerikanischen Indianer-Politik des 19. Jahrhunderts.

“Als er 1831 geboren wurde, waren die Lakota die Herren ihrer Welt am oberen Missouri”, erzählte Museumsdirektor und Kurator Christian Feest bei der Pressekonferenz heute, Mittwoch. Mit den Weißen hatten sie sich arrangiert, waren durch die Übernahme des Pferdes höchst erfolgreiche Bisonjäger und handelten mit Schmuck. Doch dann weitete sich die Zuwanderung der Weißen Richtung Westen aus: “Jahrzehnte später waren sie Almosen-Empfänger der Regierung.” Und wurden, nachdem die Schlacht am “Little Bighorn” am 4. Juli 1876 für die US-Kavallerie vernichtend ausging, zum Feindbild der Öffentlichkeit.

Allen voran “Sitting Bull”, der ins Exil nach Kanada flüchten musste und bei seiner Rückkehr entgegen Zusicherungen monatelang gefangen gehalten wurde. Seine schillernde Biografie, die als Show-Indianer bei Buffalo Bill, als Anführer einer Rückbesinnung auf indianische Traditionen, als Künstler und Krieger stets weite Aufmerksamkeit erregte, endete 1891 schließlich in einem Schusswechsel mit der Polizei der Reservation Standing Rock.

Das Wechselspiel von Anpassungswille und Kampfgeist innerhalb der Lakota, “Sitting Bulls” ambivalentes Verhältnis zum Kapitalismus, seine zahlreichen Frauen und Kinder und die Darstellung seiner Person in der amerikanischen Öffentlichkeit bis heute zeigt die Ausstellung in Fotos, Karikaturen und Souvenirs, versucht die Welt der Lakota durch Schmuck und Bekleidung, durch die indianische Geschichtsschreibung der “Winterzählungen” auf Tierhäuten oder durch weit verzweigte Stammbäume lebendig zu machen.

Dass “Sitting Bull” zu den meistporträtierten “Rothäuten” überhaupt zählt, liefert für die Schau viel Material – und gab seiner Nachwelt Gelegenheit, ihn als Werbeträger und Symbolfigur sowohl für “Sitting Bull Managementstrategien und Sitting Bull Eislutscher” zu benutzen, so Feest. Auch innerhalb seines Volkes wird noch heute darüber gestritten, wem nun die Deutungshoheit über seine Biografie zukommt. Als Kurator habe sich Feest auch mit dem einzigen verbliebenen Nachkommen getroffen, berichtete er, und versucht, ihn selbst und die Reservation in die Ausstellung miteinzubinden. “Aber das ist immer noch ein zu großes Streitthema.”

 ”Sitting Bull und seine Welt”, von 10. Dezember bis 15. März, täglich außer Dienstag 10-18 Uhr, http://www.khm.at

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