Krawalle in Griechenland dauerten auch am Wochenende an
Damit liefern sich die zumeist jugendlichen Demonstranten nunmehr seit knapp zehn Tagen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Mehr als 400 Menschen wurden bisher festgenommen. Die Regierung geht von einem Schaden von 200 Millionen Euro aus.
Nach Polizeiangaben kam es in mehreren Stadtteilen Athens wieder zu Angriffen auf Banken, Ministerien, Geschäfte und Polizisten. Am schlimmsten betroffen war der Bezirk Exarchia, wo der Schüler vor knapp zehn Tagen getötet worden war und wo Autonome aktiv sind. Hier setzten die Beamten Tränengas gegen die Demonstranten ein. Sie gingen gegen 01.00 Uhr früh gegen Teilnehmer einer Mahnwache auf dem zentralen Syntagma-Platz vor, wo sich auch das Parlamentsgebäude befindet. Einige Jugendliche besetzten daraufhin die nahe gelegene Technische Universität und bewarfen die Polizei mit Steinen.
Kleine Gruppen von Gewalttätern griffen nach Angaben der Behörden eine Polizeiwache im Stadtzentrum sowie mindestens drei Banken und mehrere Geschäfte mit Brandsätzen an. Aus Angst vor Angriffen hatten viele Restaurantbesitzer ihre Geschäfte bereits frühzeitig verriegelt. Den Angaben nach waren die Ausschreitungen aber nicht so heftig wie in den vergangenen Tagen. Im größten Teil der Stadt und im Rest des Landes blieb es weitgehend ruhig.
Gerüchte, italienische Anarchisten und Autonome seien nach Athen gekommen, wurden zunächst nicht bestätigt. Sonntag Mittag besetzten rund 30 Demonstranten der Organisation “Netz für Menschenrechte” den Radiosender der Stadt Athen “Athina 984”. “Wir erleben etwas Großes. Weltweit solidarisieren sich tausende Menschen mit uns”, sagte ein Sprecher. Die Besetzer sendeten die Internationale, das Kampflied der sozialistischen Arbeiterbewegung, und verließen dann den Sender wieder.
Friedlich verlaufen war eine Gedenkveranstaltung am Samstagnachmittag. Rund 200 Schulkameraden und ihre Familien versammelten sich vor dem Parlament, um des Schülers zu gedenken und gegen Polizeigewalt zu protestieren. “Wir sind hier, um unsere Trauer und unseren Schmerz auszudrücken, weil niemand uns versteht. Sie töten Kinder ohne Grund”, sagte eine Schülerin. Auf einem verteilten Flugblatt hieß es: “Der Mord an Alexis hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Es ist ein Verbrechen, heutzutage ein Jugendlicher in Griechenland zu sein. Sie klauen unsere Träume!” Viele Jugendliche haben schlechte Berufsaussichten. Die Arbeitslosigkeit beträgt über sieben Prozent und wird voraussichtlich weiter steigen, während das Wirtschaftswachstum zurückgeht.
Aus Kreisen der Aufstandsbewegung wurde angekündigt, dass der Druck der Straße andauern werde, bis die Forderungen nach Konsequenzen in der Regierung und einer neuen Wirtschaftspolitik erfüllt seien. Nach einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage der Zeitung “Kathimerini”sehen 60 Prozent der Griechen in den Unruhen nicht nur die Reaktion auf den Tod des 15-jährigen Alexandros Grigoropoulos bei einem Polizeieinsatz, sondern einen sozialen Aufstand. Für 64 Prozent der Befragten war die Polizei nicht angemessen vorbereitet. Nach weiteren, von den Zeitungen “Proto Thema” bzw. Real News” veröffentlichten Umfragen liegt die Nea Dimokratia jetzt zwischen 4,8 und 5,6 Prozentpunkten hinter der oppositionellen Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (Pasok).
Oppositionschef Georgios Papandreou forderte erneut vorgezogene Wahlen. Seine Partei habe “in den vergangenen fünf Jahren eine konstruktive Haltung eingenommen”. Es habe sich aber gezeigt, dass sich die “Probleme nicht unter den Teppich” kehren ließen. “Es reicht! Jetzt muss das Volk entscheiden”, sagte der sozialistische Politiker im Fernsehen.
Der Polizist, durch dessen Kugel der Schüler starb, wurde mittlerweile wegen vorsätzlicher Tötung angeklagt. Seit Beginn der Protestbewegung wurden mindestens 70 Menschen verletzt und mehr als 200 verhaftet. Hunderte von Geschäften wurden zerstört und teilweise geplündert.