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Kosovo: Heftige politische Kämpfe

Im Kosovo toben heftige politische Kämpfe - oft mit kriminellem Hintergrund. Sie haben sich nach dem Rücktritt des Regierungschefs und früheren Führers der Allianz für die Zukunft des Kosovo (AAK), Haradinaj, stark intensiviert.

Haradinaj war am 8. März zurückgetreten, nachdem er vom UNO-Tribunal der Kriegsverbrechen im Westkosovo in den Jahre 1998/99 angeklagt wurden.

Der Kosovo-Präsident Ibrahim Rugova wird anstatt von seinen bisherigen Bodyguards künftig von Angehörigen der Kosovo-Polizeikräfte (KPS) bewacht, berichteten am heutigen Freitag die in Pristina erscheinenden Printmedien. „Die UNMIK-Polizei hat beschlossen, dass zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen notwendig sind, weshalb auch die Kosovo-Polizei eingesetzt worden ist“, erklärte ein Sprecher Rugovas, ohne weitere Details zu nenne.

Unter Berufung auf Polizeikreise behauptete indessen die Tageszeitung „Zeri“, dass die KPS seitens der internationalen Schutztruppe KFOR am Mittwochabend Informationen über einen möglichen Angriff auf den Provinz-Präsidenten erhalten habe. Laut Erkenntnissen der Tageszeitung „Express“ wurden die Bodyguards Rugovas von KPS-Einheiten, die die Residenz Rugovas umzingelte, entwaffnet. Viele Personen seien auch angehört worden.

Der Kosovo-Präsident hat am 15. März einen Bombenangriff unverletzt überlebt. Über die Attentäter, die den in einem Müllkorb versteckten Sprengstoff in die Luft gehen ließen als die Wagenkolonne mit Rugova vorbeifuhr, ist bis dato nichts bekannt. Auch die Hintergründe sind unklar.

Die oppositionelle Demokratische Partei (DPK) von Hashim Thaci erhob bereits kurz nach dem Rücktritt von Haradinaj schwere Vorwürfe gegen Vizepremier Adem Salihaj wegen dessen angeblicher Verwicklung in Mordfälle und dessen Verbindungen zur Mafia. Salihaj ist Spitzenfunktionär der Demokratischen Liga (LDK) von Präsident Rugova.

Auf die Vorwürfe gegen Salihaj folgten Morddrohungen, welche seitens einer unbekannten Untergrundorganisation „Heimatland – Sicherheit“ dem DKP-Führer Thaci, aber auch dem Chef der im Vorjahr entstandenen, oppositionellen Ora-Partei, Veton Surroi, gerichtet wurden. Die allem Anschein nach der LDK Rugovas nahe stehende Untergrundorganisation ließ wissen, genügend Waffen zu besitzen, um Salihaj in Schutz zu nehmen. „So gut wie gegen die Hälfte der aktuellen Regierungsmitglieder werden zur Zeit Ermittlungen geführt“, behauptete indes Thaci.

Die Belgrader Wochenzeitschrift „Nin“ berichtete in ihrer heutigen Ausgabe, dass laut Angaben der UNO-Mission (UNMIK) in den vergangenen knapp sechs Jahren im Kosovo 56 Mordfälle mit klarem oder möglichem politischem Hintergrund registriert wurden.

Ein politischer Hintergrund dürfte letztendlich auch hinter der Ermordung eines Bruders von Haradinaj am Freitag vergangener Woche stecken. Der 22-jährige Enver Haradinaj wurde unweit der Westkosovostadt Pec aus einem vorbeifahrenden Wagen kaltblütig erschossen. Einen Monat zuvor war in Pec der lokale LDK-Funktionär Sadik Musaj ermordet. Zwischen den Familienclans Haradinaj und Musaj läuft seit fünf Jahren ein unerbitterlicher Kleinkrieg („Blutrache“), der mehrere Tote auf beiden Seiten forderte. Bis zur Bildung der Koalitionsregierung im letzten November galten LDK und die AAK als erbitterte Gegner.

Im Kosovo halten sich seit zwei Wochen Experten der britischen Nachrichtendienste auf. Auf Einladung des UNMIK-Leiters Sören Jessen-Petersen sollen sie eine Strategie für die innere Sicherheit des Kosovo anfertigen. Das britische Verteidigungsministeriums sei fest entschlossen, auch dem Krieg lokaler Rivalen ein Ende zu setzen, schrieb „Express“.

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