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Korsen lehnen größere Selbstständigkeit ab

Die Einwohner von Korsika haben sich am Sonntag in einem Referendum gegen eine größere Autonomie der Insel von Frankreich ausgesprochen.

Rund 51 Prozent der Wähler hätten die Vorlage abgelehnt, sagte Innenminister Nicolas Sarkozy. Die Entscheidung ist eine Niederlage für die französische Regierung, die mit der Machterweiterung des Regionalparlaments 30 Jahre nationalistischer Gewalt beenden und einen politischen Neuanfang einleiten wollte.

Die Verwaltungsreform sah den Aufbau eines Exekutivorgans vor, das die Politik auf der Mittelmeerinsel bestimmen sollte. Die Regierung hätte dann die Befugnis gehabt, Steuern zu erheben und einen öffentlichen Dienst aufzubauen. Dies wird bisher von Paris gesteuert. Mehr als 60 Prozent der 190.000 Korsen hätten sich an der Abstimmung beteiligt, erklärte das Innenministerium.

Staatspräsident Jacques Chirac erklärte sein Bedauern über den Wahlausgang. Er rief die korsische Bevölkerung auf, sich den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Herausforderungen auf der Insel zu stellen. Chirac hatte die Korsen aufgerufen, mit einem Ja in der Volksabstimmung zu einem Ende der Gewalt beizutragen. Auch die meisten korsischen Nationalisten hatten sich für eine Zustimmung zu der Verwaltungsreform ausgesprochen, mit der die beiden Departements der Insel zusammengelegt werden.

Abgelehnt wurde die Initiative der Regierung hingegen von der in Paris mitregierenden UDF sowie von den Kommunisten. Das Votum ist rechtlich nicht bindend; über die Zusammenlegung der Departements entscheidet letztlich das Parlament in Paris.

Einen Tag vor dem Referendum war der meist gesuchte Separatistenführer Yves Colonna verhaftet worden. Im wird der Mordanschlag auf einen korsischen Präfekten vor fünf Jahren zur Last gelegt.

Der bewaffnete Widerstand gegen die Zentralregierung erreichte mit dem Attentat auf den Präfekten Claude Erignac im Februar 1998 seinen Höhepunkt. Die Ermittlungen zogen sich über 15 Monate hin, bis im Mai 1999 die meisten Verdächtigen festgenommen werden konnten. Colonna gelang jedoch die Flucht. Acht seiner mutmaßlichen Mittäter stehen derzeit in Paris vor Gericht. Die französische Regierung reagierte mit Erleichterung auf Colonnas Verhaftung am Samstag. Sie wies die Vermutung zurück, die Verhaftung könnte rechtzeitig zum Tag des Referendums inszeniert worden sein.

Korsika gehört seit 1768 zu Frankreich. Seit Mitte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts führen nationalistische Gruppen eine bewaffnete Kampagne, um die Regierung in Paris zu einer umfassenden Autonomieregelung zu zwingen. Ziel ihrer Anschläge sind meist Gebäude von Behörden und der Gendarmerie, aber auch Tourismusanlagen.

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