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Kopten-Papst bittet Muslime um Vergebung

Das Oberhaupt der koptischen Christen, Papst Shenouda (Schenuda) III., hat die Muslime wegen Äußerungen seines Stellvertreters um Vergebung gebeten. "Ich bedauere sehr, dass die Gefühle unserer muslimischen Brüder verletzt wurden", erklärte das sichtlich bewegte Kirchenoberhaupt, das als 117. Nachfolger des Apostels Markus verehrt wird, am Sonntagabend im ägyptischen Staatsfernsehen.

Im Dialog der Religionen solle man sich besser auf die Gemeinsamkeiten und nicht auf die Differenzen konzentrieren, sagte der 87-Jährige, der von der ägyptischen Regierung jahrelang in ein Wüstenkloster verbannt worden war.

Bischof Bishoi, der zweithöchste Würdenträger der koptischen Kirche, hatte kürzlich öffentlich erklärt, die Muslime seien in Ägypten nur “Gäste”. Außerdem äußerte er die Vermutung, einige Suren des Koran seien dem heiligen Buch des Islam erst nach dem Tod des Propheten Mohammed hinzugefügt worden. Die Muslime sehen im Koran kein von Menschen verfasstes Werk, sondern göttliche Offenbarung. Die muslimischen Araber hatten das christliche Ägypten im siebenten nachchristlichen Jahrhundert erobert. Die Kopten leiten ihre Abkunft von den alten Ägyptern ab. Der arabische Name “Kibt” kommt von “Aigyptos”. Ihr Anteil an der ägyptischen Bevölkerung beträgt schätzungsweise zehn Prozent.

Die Kairoer Al-Azhar-Universität und -Moschee, höchste theologische Instanz im sunnitischen Islam, hatte die Äußerung des Bischofs scharf kritisiert und erklärt: “Ägypten ist ein islamischer Staat gemäß seiner Verfassung.” In der Hafenstadt Alexandria versammelten sich am Wochenende Hunderte von Muslimen, um gegen die Äußerungen des Kopten-Bischofs zu protestieren. Bishoi selbst fühlt sich missverstanden.

Anfang des Jahres hatten muslimische Fanatiker in der Ortschaft Nag Hammadi am Tag des koptischen Weihnachtsfestes vor einer Kirche sechs Christen und einen muslimischen Wachmann erschossen. Es folgten schwere Ausschreitungen. In Oberägypten, wo islamistische Terroristen in den 1990er-Jahren regelrecht Jagd auf Christen gemacht hatten, kommt es immer wieder zu Unruhen. Die Kopten sehen sich im Alltag Diskriminierungen und Benachteiligungen ausgesetzt, die Zahl tätlicher Übergriffe steigt nach Erkenntnissen von Menschenrechtsorganisationen kontinuierlich.

Die koptische Gemeinde in Österreich umfasst rund 5.000 Personen, 3.000 davon in Wien. Die koptisch-orthodoxe Kathedrale im 22. Wiener Gemeindebezirk wurde 2004 von Papst Shenouda III. feierlich geweiht. International prominentester Vertreter der Kopten ist der frühere UNO-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali.

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