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Kopftuch-Debatte: IGGiÖ-Frauensprecherin widerspricht Auslegung

Die Frauenbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Carla Amina Baghajati.
Die Frauenbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Carla Amina Baghajati. ©APA
Keine "Säule der Relegion": Die Frauensprecherin der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), Carla Amina Baghajati, sieht kein Dogma, welches das Tragen eines Kopftuchs vorschreibt.
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“Das Kopftuch ist keine ‘Säule’ der Religion”, meinte sie in einem Text zum bevorstehenden Frauentag. Von einem “Gebot” zu sprechen, bezeichnete sie als “problematisch”. “Ausgerechnet zum Frauentag bekommen wir das zweifelhafte Geschenk einer weiteren Runde im Hamsterrad der Kopftuchdebatte”, machte sich Baghajati Luft.

Diskurse seien dann sinnvoll, wenn sie einen Erkenntnisgewinn bringen. Musliminnen seien vor allem selbst gefragt, “die Deutungshoheit darüber, was sie anziehen oder nicht anziehen bei sich selbst zu halten. Und die simple Gleichung ‘muslimische Frau = Kopftuch’ nicht mitzuspielen – egal ob sie von innen oder außen kommt”.

Kopftuch sei “einfach ein Kleidungsstück”

Aus religiöser Sicht ist laut der IGGiÖ-Frauensprecherin das Kopftuch kein Symbol, “sondern schlicht und einfach ein Kleidungsstück”. Es habe nichts “Heiliges” und sei ausgezogen ein Gebrauchsgegenstand, der auch keinerlei respektvolle Umgangsweise verlange. Im Koran werde das Kopftuch zudem nur an zwei Stellen und zeitlich relativ spät thematisiert. “Aus den beiden genannten Versen eine Grundlage der Religion machen zu wollen, ist schon von daher verfehlt”, findet Baghajati.

“Kopftuchtragen hat im Islam nicht den Stellenwert eines Dogmas oder einer Doktrin”, hält Baghajati fest. Kleidung dürfe zudem nicht als “reine Selbstinszenierung” verstanden werden, sondern müsse mit einer inneren Haltung verbunden werden. “Schlicht und einfach ist das Kopftuchtragen ein Teil der Glaubenspraxis. Und wenn eine muslimische Frau es aus dem einen oder anderen Grund nicht trägt, ist das allein ihre Sache, und sie kann auch so eine gute Muslimin sein”, meint sie weiter.

Debatte über Frauen nicht missbrauchen

In der derzeitigen Kopftuch-Debatte, die politisch von Verbotsgedanken dominiert werde, gebe es “eine nicht unberechtigte Scheu davor, solche ‘liberalen’ Positionen öffentlich zu machen”, merkt Baghajati an, “denn “sie sollen nicht missbraucht werden, um kopftuchtragenden Frauen auszurichten, sie ‘dürften’ ihr Tuch ja auch ablegen”. Hier stimmt sie dem IGGiÖ-Präsidenten Ibrahim Olgun zu, dass die Auslegung der Religion eine innere Angelegenheit sei und keine Sache der Politik.

Die Problematik zeigt für Baghajati auch, “wie sehr der derzeitig grassierende Populismus es erschwert, eine differenzierende Stimme der Vernunft einzubringen, die statt der Zuspitzung auf ein ‘entweder – oder’ für ein ‘sowohl als auch’ plädiert”. Ihr Wunsch an den innermuslimischen Diskurs: “Ja, Fatwas könnten muslimische Frauen auch brauchen. Aber bitte zu den Dingen, wo wir wirklich eine Rückenstärkung für unsere kontextorientierte Argumentation brauchen: Gegen Gewalt an Frauen zum Beispiel.”

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(APA)

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