AA

Konjunkturpaket und Rekordverschuldung beschlossen

©AP
Die deutsche Bundesregierung hat das größte Konjunkturpaket der Nachkriegsgeschichte beschlossen und gleichzeitig eine Neuverschuldung in Rekordhöhe gebilligt. [Video im Beitrag]

Der vom Kabinett (CDU/CSU/SPD) am Dienstag gebilligte Aktionsplan stellt 2009 und 2010 rund 50 Milliarden Euro für Investitionen, Wirtschaftshilfen sowie Steuer- und Abgabensenkungen bereit. Enthalten sind auch die Reform der Kfz-Steuer, die Abwrackprämie (Verschrottungsprämie) von 2.500 Euro für Altautos und der Kinderbonus von 100 Euro.

Wegen der zusätzlichen Ausgaben beschloss die Ministerriege unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zudem ein Nachtragsbudget für das laufende Jahr 2009, der eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme im Bundeshaushalt um 18,3 auf 36,8 Milliarden Euro vorsieht. Zusammen mit dem geplanten Tilgungsfonds summiert sich die Neuverschuldung des Bundes 2009 daher auf mindestens 45 bis 50 Milliarden Euro. Der bisherige Negativrekord lag bei gut 40 Milliarden Euro im Jahr 1996.

Mit dem Nachtragshaushalt wird zugleich eine “Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts” gemäß Artikel 115 des Grundgesetzes festgestellt. In diesem Ausnahmefall darf die Summe der frischen Kredite die der Investitionen überschreiten. In der Begründung des Nachtragshaushalt heißt es, laut allen aktuellen Wirtschaftsdaten befinde sich Deutschland in einer Rezession. Für dieses Jahr erwartet die Regierung, dass die Wirtschaftsleistung um 2,25 Prozent schrumpft. Das wäre der stärkste Abschwung seit dem Zweiten Weltkrieg.

Trotz dramatisch schlechter Wirtschaftslage und der massiven Neuverschuldung hält der Finanzexperte der Union (CDU/CSU), Otto Bernhardt, einen Haushalt ohne frische Kredite im Jahr 2013 für möglich. Das ursprüngliche Ziel 2011 sei nicht zu schaffen, aber “wir gehen davon aus, dass wir 2012 wieder in der Normalität sind”, sagte der CDU-Politiker.

Schon am (heutigen) Nachmittag sollten die Bundestagsfraktionen über den Aktionsplan beraten. Die erste Lesung im Bundestag ist für Freitag angesetzt, die abschließende Abstimmung für Mitte Februar. Spätestens am 20. Februar soll der Bundesrat als zweite Parlamentskammer das historische Konjunkturprogramm besiegeln. Die Zustimmung der Länderkammer gilt als sicher, obwohl die Große Koalition nach der Regierungsbildung in Hessen dort keine Mehrheit mehr haben wird. Die Grünen haben bereits ihre Zustimmung signalisiert; sie regieren in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen mit.

Kernstück des Konjunkturpakts ist ein Investitionsprogramm: Bis 2010 wollen Bund, Länder und Gemeinden insgesamt 17,3 Milliarden Euro zusätzlich in die Infrastruktur stecken.

Zur Ankurbelung des Konsums werden die Bürger von Steuern und Abgaben entlastet. Der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer wird schrittweise auf 8.004 Euro erhöht und der Eingangssteuersatz von 15 auf 14 Prozent gesenkt. Der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung wird ab Juli von 15,5 auf 14,9 Prozent sinken. Alle Eltern, die Anspruch auf Kindergeld haben, erhalten im Februar oder März pro Kind einen einmaligen Bonus von 100 Euro. Zudem wird der Regelsatz für Kinder aus Hartz-IV-Familien zwischen sechs und 13 Jahren von monatlich 211 Euro auf 246 Euro erhöht.

Mit zwei Maßnahmen soll speziell die Autoindustrie gefördert werden. Private Autohalter können – ähnlich wie in Österreich – auf Antrag eine sogenannte Abwrackprämie von 2.500 Euro erhalten, wenn sie noch dieses Jahr ihr mindestens neun Jahre altes Auto stilllegen und dafür einen Neu- oder Jahreswagen kaufen und zulassen. Ab 1. Juli soll zudem die Kfz-Steuer umgestellt werden. Sie richtet sich künftig zum Teil nach dem Kohlendioxid-Ausstoß und zum Teil nach dem Hubraum der Autos. Bis zuletzt hatten Union und SPD heftig darüber gestritten.

Um die Versorgung der hiesigen Firmen mit Krediten zu sichern, legt die Regierung mit dem Paket zudem ein Bürgschaftsprogramm im Volumen von 100 Milliarden Euro auf.

Die deutsche Bundesregierung setzte sich außerdem bei der Verteilung der Investitionen im neuen Konjunkturpaket gegenüber den Bundesländern durch. Mit 70 Prozent werde der Großteil der insgesamt 14 Milliarden Euro für öffentliche Investitionen an die Kommunen fließen, sagte CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen. Die Bundesländer bekämen 30 Prozent der Mittel für eigene Vorhaben. Ursprünglich hätten die Länder 49 Prozent, also fast die Hälfte der Gelder, zu ihrer Verfügung haben wollen. Es sei aber erklärter politischer Wille der Großen Koalition gewesen, dass das Investitionsprogramm überwiegend direkt an die Kommunen gehen solle, sagte Röttgen.

Darüber hinaus wurde wie geplant festgelegt, dass 65 Prozent der öffentlichen Gelder bei Ländern und Kommunen in Renovierung oder Ausstattung von Bildungseinrichtungen von Kindergärten, über Schulen bis hin zu Hochschulen fließen sollen. Für den Ausbau von Infrastruktur wie Straßen und Schienenwegen seien 35 Prozent vorgesehen. Um sicherzustellen, dass mit dem Geld des Bundes aus dem Konjunkturpaket auch tatsächlich zusätzliche Vorhaben finanziert werden, müssen Länder und Kommunen zunächst die durchschnittliche Investitionssumme der vergangenen drei Jahre selbst aufbringen.

  • VIENNA.AT
  • Politik
  • Konjunkturpaket und Rekordverschuldung beschlossen
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen