Konferenz in Kasachstan: Präsident Nasarbajew warnt vor "Ideologie der Angst"
Kein Problem auf der Welt werde ohne die Muslime gelöst werden können, die ein Viertel der Weltbevölkerung ausmachen. Der Vatikan war auf der Konferenz durch den Apostolischen Nuntius Miguel Amaury Buendia vertreten.
Staatschef Nasarbajew nahm das Forum zum Anlass, die “Friedenspolitik” Kasachstans hervorzustreichen. Er nannte den Verzicht auf Atomwaffen und die Schließung des Testgeländes Semipalatinsk als Errungenschaften der kasachischen Politik.
“Kasachstan ist ein säkularer Staat, ein multiethnisches und multikulturelles Land, das den Prinzipien der OSZE verpflichtet ist”, verwies Nasarbajew auf die große Aufgabe der OSZE-Präsidentschaft, die Kasachstan für das Jahr 2010 anvertraut wurde.
“Die Weltwirtschaft erlebt eine beispiellose finanzielle Krise”, erklärte Nasarbajew. Diese bedrohe den Lebensstandard und gefährde die soziale Sicherheit auf dem Globus. Die moderne Welt verglich der kasachische Staatschef mit einem Mosaik, das zusammenfalle, wenn ein Stück fehle. Im Dialog zwischen den Kulturen rief Nasarbajew dazu auf, “Stereotypen zu überwinden”.
Auch warnte er davor, andere Religionen zu verspotten und die spirituellen Bedürfnisse der Menschen zu negieren.
Der Generalsekretär der Islamischen Konferenz-Organisation (OIC), Ekmeleddin Ihsanoglu, erinnerte in seiner Rede an “die gemeinsame abrahamitische Tradition” von Judentum, Christentum und Islam. Der Islam und der Westen hätten einander beeinflusst. Die Islamophobie bezeichnete der OIC-Repräsentant als “Herausforderung für die gesamte Menschheit”. Gegen diesen Trend und Vorurteile sei Wachsamkeit geboten.
Ihsanoglu wehrte sich auch gegen die “muslimfeindliche Assoziierung des Islam mit Terror”. Die OIC habe Terrorismus im Namen des Islam laut und klar verurteilt. Im Besonderen wolle sie einen “Prozess der Aussöhnung” zwischen Islam und Christentum in Gang bringen.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow erteilte alten ideologischen Dogmen aus dem Kalten Krieg eine Absage und erklärte: “Das Völkerrecht ist das Paradigma.” Die Südkaukasus-Krise habe gezeigt, dass “Konflikte nicht durch Gewalt zu lösen sind”. Dies schaffe nur neue Konflikte, meinte Lawrow unmissverständlich an die Adresse Georgiens, mit dem Russland im Sommer um das Gebiet Südossetien Krieg geführt hat.
Viele Kulturgüter, namentlich jüdische, seien in dem militärischen Konflikt zerstört worden, fügte Lawrow hinzu, ohne auf die Rolle Russlands einzugehen, das seine Truppen nach Georgien geschickt und die Ablösung der von Georgien abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien betrieben hatte.
Der UNO-Botschafter der USA, Zalmay Khalilzad, warnte vor den Versuchen terroristischer Gruppen, “einen Zusammenstoß der Kulturen zu provozieren”. Im Irak und in Afghanistan, woher er selbst stammt, habe er das von Extremisten verursachte Leiden der unschuldigen Zivilbevölkerung erlebt.
Zu der Konferenz in Astana waren Außenminister und Religionsführer aus Europa, Nahost und Zentralasien geladen. Allerdings war die Präsenz der Westeuropäer wegen des gleichzeitigen EU-Gipfels in Brüssel gering. Außenministerin Ursula Plassnik (V), die in Brüssel bzw. New York weilte, wurde von der Botschafterin für die zentralasiatischen Staaten, Ursula Fahringer, vertreten.
Der türkische Staatsminister Mehmet Aydin meinte, es sei vor allem die Unkenntnis der anderen Kulturen, die zu Zusammenstößen führe. Der frühere Generalsekretär des Europarates, Walter Schwimmer, schlug zur Bekämpfung von Unkenntnis und Stereotypen vor, dass die Weltreligionen gemeinsam einen Lehrplan ausarbeiten, um ausgewogenes Wissen über die Religionen zu verbreiten.
In der ehemaligen GUS-Republik Kasachstan leben nach kasachischen Angaben mehr als einhundert Volksgruppen. Der Anteil ethnischer Kasachen betragt knapp 54 Prozent, gefolgt von Russen (30 Prozent), und einem bunten Volkergemisch einschließlich Ukrainern, Usbeken, Deutschen, Uiguren und Tataren. 65 Prozent der Bevölkerung sind muslimisch (vor allem sunnitischer Prägung), 35 Prozent sind Christen (hauptsächlich russisch-orthodox).