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Kolumbien: Uribes Gegner schlagen zurück

Zwei Jahre ist der konservative Präsident Uribe im Amt und arbeitet gegen die marxistische Organisation FARC. Seit vergangener Woche hat sie den Kampf angesagt: 80 Menschen starben, vor allem Zivilisten.

Seit zweieinhalb Jahren befinden sich Kolumbiens gefürchtete FARC-Rebellen in der Defensive. Im August 2002 trat der konservative Präsident Alvaro Uribe sein Amt an und setzt seither bei der Befriedung des von einem jahrzehntelangen Bürgerkrieg gemarterten Landes auf noch mehr Gewalt. Keine Verhandlungen, kein Gefangenenaustausch, sondern Angriff, lautet die Parole des asketischen Staatschefs, der sich einer Popularität von fast 75 Prozent erfreuen kann. Und der Unterstützung von US-Präsident George W. Bush, der Uribes Zustimmung zum Irak-Krieg nicht vergessen hat. Doch seit vergangener Woche schlagen die marxistischen „Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens“ (FARC) zurück. Mindestens 80 Menschen, darunter mehr als 40 Soldaten, mussten bisher sterben. Und besonders die Zivilbevölkerung hat zu leiden. So halten FARC-Verbände in der Urwaldprovinz Chocó im Nordwesten des Landes seit mehr als einer Woche etwa 1000 Bewohner von vier Dörfern eingekesselt.

Wer versuchen sollte, Lebensmittel oder Medikamente zu den Menschen zu transportieren, muss damit rechnen, am Wegesrand erschossen zu werden. Für die Eingeschlossenen ist es eine Tragödie, in den kolumbianischen Medien aber eher eine Randnotiz. Das Schicksal der Nachfahren von Sklaven aus Afrika interessiert in der Hauptstadt Bogotà nicht sonderlich.

In der Region blüht der Koka-Anbau, und es gibt zu allem Unglück auch noch Goldminen. Irgendwie werde die Guerilla-Aktion wohl mit der Kontrolle über diese Reichtümer zu tun haben, spekulieren die Medien. Die Guerilla selbst schweigt wie so oft. Im Mai 2002 hatten die Rebellen bei einem Angriff auf ihre Erzrivalen, die ultrarechten Paramilitärs, in der Kleinstadt Bojayà in derselben Region mindestens 120 Zivilisten getötet.

Uribes Politik der harten Hand, die so gut ankommt, hat das Leben der Zivilisten in den umkämpften Regionen vor allem im Südwesten und im Norden des Landes noch schwerer gemacht. Es sei relativ sicher, in einem Gebiet zu leben, das von einer Seite, egal ob Rebellen oder Paramilitärs, kontrolliert wird, berichtet ein Mann in einem Dorf an der Grenze zu Ecuador. „Lebensgefährlich wird es aber, wenn die Lage unklar ist“, fügt er hinzu.

Und das ist die Folge von Uribes Militäroffensive „Plan Patriota“. Seit die FARC-Guerilla vor fast 41 Jahren den Kampf aufnahm, gab es keine derart massiven Angriffe auf die Aufständischen. Die FARC-Rebellen zogen sich blitzschnell aus kleineren Städten zurück, die sie jahrelang kontrolliert hatten. Aber sie fügen dem Militär immer noch schwere Verluste zu. Die Zahl der Flüchtlinge stieg 2004 im Vergleich zum Vorjahr um 38,5 Prozent auf 287 581 Menschen an.

Im Dickicht des kolumbianischen Konflikts aus ideologisch begründeter Gewalt und Drogenkriminalität sind klare Fronten kaum noch auszumachen. Während in einigen Regionen rechte Paramilitärs für abziehende Rebellen nachrücken, legen in der Nachbarregion Paramilitärs im Rahmen eines Friedensabkommens mit der Regierung ihre Waffen nieder und werden damit zu leichten Zielen für die Rebellen.

Die ideologische Bindung der Mitglieder aller bewaffneter Gruppen ist ohnehin nicht sehr hoch. Oft wechseln die Kämpfer von links nach rechts oder umgekehrt, je nachdem wer gerade besser zahlt. US-Sicherheitsfirmen beginnen in Kolumbien sogar schon, Personal für Einsätze im Irak zu rekrutieren. Bisher aber nur ehemalige Militärs.

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