Kollegen angeschwärzt: Polizist warf fremdes Eigentum weg

Als sich der Finder, der den Reisepass, das Brillenetui und die Geldbörse am Donaukanal entdeckt hatte, bei der Polizei nach dem Verbleib der Gegenstände erkundigte, behauptete der Angeklagte, diese einem Kollegen ausgehändigt zu haben, der sich offenbar nicht weiter darum gekümmert hätte.
Polizist schwärzte Kollegen an
“Wie kommt man dazu, einen Kollegen so hineinzureiten?”, fragte sich nun Richter Peter Liebetreu im Wiener Straflandesgericht. Da der fälschlicherweise angeschwärzte Polizist nicht erklären hatte können, wo der Pass geblieben war, waren gegen ihn ein Straf- und ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Erst nach einigen Monaten stellte sich heraus, dass gegen einen Schuldlosen ermittelt wurde.
“Es war ein komplettes Blackout. Ich weiß, dass es der größte Fehler war. Die ganze Sache ist so in einen Strudel hineingeraten und hat eine Eigendynamik bekommen”, sagte nun der wahre Täter kleinlaut.
Polizist wollte nichts mit Fundgegenständen zu tun haben
Ein Mann hatte im Mai 2010 auf einer Wachstube die bei einem Pkw-Einbruch abhandengekommenen und für den Dieb offenbar unbrauchbaren Gegenstände abgegeben. Der 27-jährige Beamte forderte den Finder auf, diese in die nächst gelegene Fundbox zu bringen, was der Mann mit dem Hinweis auf die ihm dafür nicht zur Verfügung stehende Zeit ablehnte. Also blieben Pass, Börse und das Etui vorerst am Schreibtisch des Polizisten liegen.
Kurzschlusshandlung nach Dienstschluss
Am nächsten Morgen warf er die Sachen in den Mülleimer. Der Pass sei “total verdreckt” gewesen, führte er nun ins Treffen. Er habe nach einem Zwölf-Stunden-Dienst eine Kurzschlusshandlung gesetzt.
Zum Pech des 27-Jährigen tauchte wenig später wieder der Finder auf und erkundigte sich, ob der Reisepass seinen rechtmäßigen Besitzer gefunden habe. Inzwischen hatte auch die bestohlene Frau eine Diebstahlsanzeige erstattet. Um seine Haut zu retten, belastete der Uniformierte in dieser Situation einen Kollegen, mit dem er seit Jahren im selben Wachzimmer Dienst versah. “Mich hat das erschüttert, wie ich das das erste Mal gelesen habe”, bemerkte dazu der Richter.
Angst vor den eigenen Kollegen
Der Angeklagte wurde wegen dauernder Sachentziehung, Urkundenunterdrückung, Verleumdung und Falschaussage zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. “Haben Sie sich eigentlich bei dem Kollegen entschuldigt?”, wollte der Richter noch von dem 27-Jährigen wissen. “Ich habe ihn seither nicht mehr gesehen. Ich bin nicht dazu gekommen. Weil ich Angst hab’, was ich ihm sagen soll. “, erwiderte dieser.
Darauf konnte der Richter nur mehr den Kopf schütteln.
Über das weitere Schicksal des 27-Jährigen werden jetzt die Disziplinarbehörden entscheiden. (APA)