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Kocher stockte Kontingent für Saisonarbeiter auf

Das Kontingent für Saisonniers wurde vergößert.
Das Kontingent für Saisonniers wurde vergößert. ©APA/HELMUT FOHRINGER (Symbolbild)
Auch dem Tourismus macht der akute Arbeitskräftemangel zu schaffen, deswegen stockt Wirtschaftsminister Martin Kocher das Kontingent für Saisonarbeiter auf.

Um hier zu einer Entspannung beizutragen, vergrößert das Wirtschaftsministerium das Kontingent für Saisonarbeiterinnen und -arbeiter von außerhalb der EU. "Wir werden das sogenannte Saisonkontingent um weitere 1.000 Plätze aufstocken", kündigte Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) am Freitag in einer Pressekonferenz an. 898 Stellen davon seien für den Tourismus vorgesehen, 102 für die Landwirtschaft.

Platz für 7.500 Saisonniers in Österreich

Insgesamt gibt es in Österreich dann Platz für knapp 7.500 Saisonniers - 4.287 im Tourismus, 3.160 in der Landwirtschaft. Im Tourismuskontingent zeichneten sich derzeit deutlich größere Engpässe ab, daher werde der Großteil der Plätze dem Tourismus zufließen.

Es sei trotz dieser Maßnahme immer noch schwierig, ausreichend Arbeitskräfte zu finden. Die weitere Aufstockung "soll helfen, die Betriebe bei der Personalknappheit zu entlasten", so der Minister. Die Saisonkontingente seien in den vergangenen Jahren aufgrund des Arbeitskräftemangels kontinuierlich erhöht worden - zuletzt waren im Sommer 2022 zusätzlich 1.000 Plätze hinzugekommen.

Arbeitskräftemangel: Lage ist nach wie vor angespannt

Die Lage ist aber nach wie vor angespannt. "Im April 2023 waren fast 12.000 offene Stellen beim AMS im Tourismus ausgeschrieben", umriss Kocher die Lage. Es würden geschätzt aber nur 40 bis 50 Prozent gemeldet. "Das heißt, insgesamt sind 20.000 bis 30.000 Stellen offen im Tourismus."

"Für die Branche ist die Anhebung des Saisonkontingents ganz wichtig - neben der Teuerung stellt der Mitarbeiterbedarf im Moment die größte Herausforderung dar", betonte Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Wirtschaftsminister. In den vergangenen zwölf Monaten habe es bereits drei Anhebungen gegeben. Die Saisonkräfte kommen den Angaben zufolge "vor allem aus Bosnien-Herzegowina und Serbien".

"Die Buchungslage aus unseren Hauptherkunftsmärkten ist derzeit ausgezeichnet und auch aus den Fernmärkten ist die Nachfrage sehr gut - wir gehen daher von einer guten Sommersaison aus", berichtete die Staatssekretärin. Mit der Aufstockung der Saisonkontingente könnten die Betriebe "die Saisonspitzen nunmehr besser abdecken und die hohe Servicequalität unseres touristischen Angebots damit besser absichern".

Kocher vergrößert Kontingent für Saisonarbeiter

Mit der Reform können Saisonarbeitskräfte aus Drittstaaten seit Anfang 2022 Beschäftigungsbewilligungen außerhalb von Kontingenten und ohne Arbeitsmarktprüfung für die Saison erhalten. Voraussetzung ist, dass die betroffenen Arbeitskräfte während der letzten fünf Kalenderjahre zumindest in drei Jahren für mindestens drei Monate im Rahmen der Kontingentregelung beschäftigt waren.

Es sei wichtig, in diesem Bereich Maßnahmen zu setzen, bekräftigte Kocher. Es seien bereits Erleichterungen vorgenommen und auch die Rot-Weiß-Rot-Karte, die den Zuzug qualifizierter Arbeitskräfte regelt, im Herbst reformiert worden. Wer hierzulande mindestens zwei Jahre lang als Stammsaisonnier gearbeitet habe, könne eine Rot-Weiß-Rot-Karte beantragen und damit "ganzjährig in Österreich arbeiten", also eine dauerhafte Arbeitsgenehmigung erlangen.

Es habe auch Lockerungen bei der Punktevergabe gegeben, um Mangelberufe wie Köchinnen und Köche leichter ins Land holen zu können. Auch beim erforderlichen Sprachniveau habe es Erleichterungen gegeben. Weiters hätten Ukrainerinnen und Ukrainer inzwischen "vollen Zugang zum Arbeitsmarkt". Das Ausländerbeschäftigungsgesetz wurde entsprechend geändert - aus der Ukraine Vertriebene können nun ohne Beschäftigungsbewilligung am österreichischen Arbeitsmarkt arbeiten. Davon profitiere auch der Tourismus.

50 Prozent Zwachs bei den Bewilligungen seit Oktober

"Wir sehen insgesamt fast 50 Prozent Zuwachs bei den Bewilligungen seit Oktober", sagte Kocher. Vor der Reform seien 5,6 Prozent der Rot-Weiß-Rot-Karten auf den Tourismus entfallen, mittlerweile sei dieser Anteil auf 10 Prozent gestiegen. "Also man sieht, dass das genutzt wird", hielt Kocher fest.

Angesichts der Tausenden offenen Stellen mutet die Rot-Weiß-Rot-Karte derzeit noch wie ein Tropfen auf den heißen Stein an. 2022 wurden im Tourismus laut Kraus-Winkler 348 Rot-Weiß-Rot-Karten ausgestellt, nach 101 im Jahr davor. "Zwischen Jänner und April heuer haben wir schon 244 Karten, das heißt, man sieht, dass sich der Tourismus mit der Rot-Weiß-Rot-Karte auseinandersetzt, sie annimmt", so die Staatssekretärin.

Gänzlich anders sieht das die Gewerkschaft vida: "Die Regierung macht sich damit zum Komplizen der Lohndrücker in der Wirtschaft. Anstatt die Arbeitsbedingungen zu verbessern, können Arbeitgeber weiter munter auf Arbeitskräfte aus dem Ausland zurückgreifen, wo das Lohnniveau deutlich niedriger ist als in Österreich", kritisierte vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit die Aufstockung des Saisonnierkontingents als "Lohn- und Sozialdumping". "Denn darum handelt es sich, wenn man bewusst Menschen aus Ländern mit niedrigerem Lohnniveau rekrutiert", so Hebenstreit.

SPÖ und NEOS sind derselben Meinung

Die Oppositionsparteien - SPÖ und NEOS - sehen das genauso: "Den Fach- und Arbeitskräftemangel im Tourismus bekämpft man durch höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen", teilte SPÖ-Tourismussprecherin Melanie Erasim mit. Dann gebe es sofort wieder genug Menschen, die gerne in der Tourismusbranche arbeiten wollen. Eine "ständige Erhöhung der Saisonkontingente ist der falsche Weg".

"Wenn die Regierung mehr Arbeitskräfte haben will, ob im Tourismus oder sonstwo, muss sie endlich die Steuern senken und so Arbeit wieder attraktiver machen", schlug NEOS-Tourismussprecherin Julia Seidl vor. Die Belastung auf Arbeit sei auch laut OECD besonders hoch. Alles andere seien "kosmetische Maßnahmen, die die riesige Personalnot nicht lindern werden".

Begeistert auf die Aufstockung des Saisonkontingents reagierte hingegen die Wirtschaft. Damit setze die Regierung "einen wichtigen Schritt gegen den Arbeitskräftemangel", sagte der Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Karlheinz Kopf. "Dieser Maßnahme müssen jedoch weitere folgen - sowohl für den Tourismus als auch für andere Branchen", fügte er hinzu.

Die Aufstockung des Saisonnierkontingents im Tourismus sei "entscheidend für den Erhalt der Angebotsqualität im österreichischen Qualitätstourismus", betonte die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV). "Es ist um so vieles einfacher, in vollbesetzten Teams zu arbeiten, als wenn irgendwo Not am Mann ist", so ÖHV-Präsident Walter Veit. Allerdings wünscht sich die ÖHV einen weiteren Planungshorizont als nur bis zum nächsten Saisonbeginn. So wichtig diese Akutmaßnahme für den Tourismus sei, eine arbeitsmarktpolitische Kehrtwende ist laut Veit unverzichtbar - "weg vom derzeitigen Verordnungsstückwerk".

(APA/Red)

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