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Koalitionsverhandlungen: Streit rund um Ressortaufteilung

Koalitionsverhandlungen nicht gerade einfach.
Koalitionsverhandlungen nicht gerade einfach. ©APA/ROLAND SCHLAGER (Symbolbild)
Die blau-türkisen Koalitionsverhandlungen gestalten sich nach wie vor schwierig.
Nächstes Treffen Kickl-Stocker
Entscheidende Tage für Verhandlungen

Die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP gestalten sich weiter schwierig. Klarheit, ob die Verhandlungen weitergeführt oder abgebrochen werden, sollte es nach Treffen der Parteichefs mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen geben. Laut APA-Informationen wird FPÖ-Obmann Herbert Kickl am Donnerstag in der Hofburg erwartet, ÖVP-Chef Christian Stocker dem Vernehmen nach bereits Mittwochnachmittag. Indes richteten sich beide Seiten öffentlich ihre Standpunkte aus.

Zu inhaltlichen Meinungsverschiedenheiten war zuletzt auch über die Ressortaufteilung diskutiert worden. Kickl untermauerte am Mittwoch einmal mehr den Anspruch auf das Finanz- und Innenressort, die ÖVP gab sich über dieses via Facebook verbreitete Statement "überrascht".

Runde mit FPÖ- und ÖVP-Chef

Am Dienstag war eine kleine Runde mit den Parteichefs zusammengekommen, um über ungelöste inhaltliche Brocken zu reden - doch relativ rasch soll es dann um die Aufteilung der Ministerien gegangen sein. Die FPÖ beansprucht dabei Ressorts, die auch der ÖVP besonders wichtig sind.

So wollen die Blauen für sich das Innenministerium mit den Bereichen Sicherheit und Asyl, außerdem das mächtige Finanzministerium, zudem die Medien- und Kulturagenden im Kanzleramt und auch die Europaagenden. "Das geht sich für die ÖVP nicht aus", hieß es aus türkisen Verhandlerkreisen. Dem Vernehmen nach ging man Dienstag am späten Nachmittag also einigermaßen erbost auseinander. Die ÖVP sprach von einer "schwierigen Phase". Einen Abbruch der Verhandlungen, wie Zeitungen zwischenzeitlich getitelt hatten, dementierten beide Seiten - man verhandelt am Mittwoch weiter, etwa die Untergruppen zu Soziales und Landwirtschaft.

Stocker beriet sich jedenfalls Dienstagabend in einem kurzfristig einberufenen Parteivorstand. Dort sei der Parteiobmann in seinen Verhandlungsleitlinien - Österreich als verlässlicher Partner in der EU, Rechtsstaat und liberale Demokratie schützen und Einflussnahme aus dem Ausland verhindern - bestärkt worden, hieß es aus der ÖVP. Diese Grundsätze der Volkspartei sollten sich auch in der Ressortverteilung widerspiegeln, sei man sich einig gewesen.

Warten in FPÖ

In der FPÖ wartete man am Mittwoch auf eine Antwort des Verhandlungspartners zur vorgeschlagenen Liste. Auch wollte man das weitere Vorgehen beraten. Am Nachmittag untermauerte Kickl in einem Facebook-Posting den Anspruch seiner Partei auf die Führung sowohl des Finanzministeriums als auch des Innenressorts. Es gehe dabei nicht um "Posten und Macht". Vielmehr brauche es einen "ehrlichen Kampf gegen die Teuerung", die Österreicher würden "ein ordentliches und ehrliches Budget statt einem Schuldenberg" wollen - und "eine ehrliche Migrations- und Sicherheitspolitik, die endlich wieder klar macht, dass Österreich Herr im eigenen Haus ist".

Ein guter Minister sei "genauso wie ein guter Kanzler nur ein Werkzeug, ein Instrument, ein Diener" und "ein Mittel, um den Willen der Österreicher in ganz bestimmten politischen Bereichen umzusetzen". "Deshalb ist es uns wichtig, dass wir die Verantwortung für die Finanzen und den Staatshaushalt haben", betonte Kickl. Denn die letzten Finanzminister seien es ja gewesen, "die dieses Budget mit Milliardenschulden zu verantworten haben. Da kann es kein 'Weiter wie bisher' geben." In der Sicherheitspolitik und beim Asylkurs wolle die FPÖ ebenfalls einen Kurswechsel. "Wenn wir die Ergebnisse verantworten, dann müssen wir zuvor auch diejenigen sein, die die Möglichkeit haben, diesen Kurs zu gestalten und Schritt für Schritt umzusetzen. Deshalb ist das Innenministerium wichtig."

Verwundert ob dieser öffentlich geäußerten Punkte gab man sich am Mittwochnachmittag in der ÖVP: "Wir haben uns vor einigen Wochen dazu entschieden, ehrlich und konstruktiv mit der FPÖ über die Bildung einer Regierung zu verhandeln", hieß es in einem schriftlichen Statement gegenüber der APA. Vieles habe gelöst werden können, "wichtige Punkte" seien noch offen.

"Das heutige Facebook-Posting von Herbert Kickl hat uns daher überrascht", heißt es in dem Statement weiter. "Wenn man einen Partner für eine gemeinsame Regierung finden will, sollte man auf diesen zugehen und ein Angebot auf Augenhöhe unterbreiten. Herbert Kickl hat den Auftrag angenommen, eine Regierung zu bilden. Daher liegt der Ball bei ihm."

Scheitern von Koalitionsverhandlungen?

Die Zeit drängt jedenfalls: Kickl soll Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Donnerstag - eigentlich regulär - Bericht erstatten. Dennoch dürfte der Druck groß sein, über Erfolge zu berichten. Möglich ist aber auch, dass der FPÖ-Chef dem Staatsoberhaupt vom Scheitern der Gespräche berichtet, was zu einer Neuwahl führen könnte. Eine Bestätigung des Termins gab es vonseiten der Hofburg vorerst nicht.

Die Postenvergabe ist nicht der einzige offene Punkt in den Verhandlungen. Vielmehr sind nach Informationen der APA wesentliche Punkte in den Untergruppen auf "rot" gestellt, vor allem in jener zu Außenpolitik oder Medien, aber beispielsweise auch teilweise im Bereich Finanzen und Steuern. Um diese ungelösten Fragen sollen sich die Chefverhandler kümmern, dort dürfte man bisher aber nicht wirklich weitergekommen sein.

Bankenabgabe, ORF, Sky Shield

Noch immer keine Bewegung von beiden Seiten soll es bei der von den Freiheitlichen geforderten Bankenabgabe geben. Auch gegen einen finanziellen Beitrag der Kammern zur Budgetsanierung dürfte sich der türkise Wirtschaftsflügel querstellen. Dazu kommen weitere Streitpunkte wie die von der FPÖ gewünschte Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe, das Raketenabwehrsystem Sky Shield und eine gemeinsame Linie bei der Europapolitik.

Ein weiterer Knackpunkt bei den inhaltlichen Verhandlungen ist die künftige Strategie zur Bekämpfung des Antisemitismus. Hier soll der ehemalige Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) auf dem von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) gewünschten Holocaust-Zentrum beharren.

Welches Vorhaben endgültig vom Tisch sein dürfte, ist das von der ÖVP im Wahlkampf versprochene Nationalstadion. Ex-Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte dessen Bau bis 2030 als Ziel gesetzt. Beide Seiten sollen sich laut APA-Informationen einig sein, dass dieses Projekt derzeit nicht finanzierbar ist.

(APA/Red)

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