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Koalitionsstreit und Anschläge in Pakistan

In Pakistan streiten die beiden großen Koalitionspartner, die Pakistanische Volkspartei (PPP) und die Muslim-Liga (PML-N), nach dem erzwungenen Rücktritt von Staatschef Pervez Musharraf offen über die Zukunft des Landes. Proteste in Pakistan 

Die PML-N von Ex-Premier Nawaz Sharif hat mit dem Austritt aus der Regierung gedroht, sollten die von Musharraf entlassenen Richter nicht umgehend wieder eingesetzt werden. Die Zukunft der Regierung von Premierminister Yousaf Raza Gilani (PPP) hänge von dieser Entscheidung ab, sagte Parteisprecher Sadiqul Farooq am Donnerstag in Islamabad. Zwei Selbstmordanschläge auf eine Waffenfabrik haben unterdessen in der Nähe von Islamabad fast 40 Menschen das Leben gekostet.

Die Pakistanische Volkspartei erklärte, auch sie unterstütze die Rückkehr der Richter, habe aber noch andere Prioritäten wie die Verbesserung der Lebensverhältnisse im Land. Der geschäftsführende PPP-Vorsitzende Asif Ali Zardari, Witwer der ermordeten Ex-Regierungschefin Benazir Bhutto, hat dem früheren Chefrichter am Obersten Gerichtshof, Iftikhar Chaudhry, zu große Nähe zur Politik vorgeworfen. Beobachter in Islamabad gehen davon aus, dass Zardari offenbar befürchte, Chaudhry könnte die Korruptionsermittlungen gegen ihn wieder in Gang setzen.

Die PPP will offenbar sicherstellen, dass Chaudhry eine im vergangenen Jahr ausgehandelte Amnestie für die Parteispitze nicht infrage stellen könnte. Die Heimkehr der Ende vorigen Jahres ermordeten PPP-Vorsitzenden Bhutto nach achtjährigem Exil war erst möglich geworden, nachdem Musharraf auf Druck der USA Korruptionsanklagen gegen sie per Dekret für nichtig erklärt hatte.

“Wir wollen die Regierung nicht stürzen”, sagte Nawaz Sharif dem “Wall Street Journal” vom Donnerstag. “Aber wir haben dann keine andere Wahl, als in die Opposition zu gehen.” Der geschäftsführende PPP-Chef, Bhuttos Witwer Asif Ali Zardari, habe ihm zugesagt, dass die Richter binnen 24 Stunden nach einer Amtsenthebung Musharrafs, der dieser mit seiner Demission zuvorkam, wieder eingesetzt würden, sagte Sharif. “Wir haben ihn (Zardari) bei der Amtsenthebung (Musharrafs) unterstützt. Nun ist er an der Reihe, uns bei der Wiedereinsetzung der Richter zu unterstützen.” Nach Medienberichten bemühten sich die beiden kleineren Parteien der Vier-Parteien-Koalition bisher vergeblich, zwischen PPP und PML-N zu vermitteln.

Auf einen Nachfolger für Musharraf haben sich die Parteien nicht einigen können. Die zweitgrößte Oppositionspartei, die konservative Muttahida-Qaumi-Bewegung (MQM), die Musharraf unterstützt hatte, hat sich am Mittwoch überraschend für die Wahl von Zardari zum neuen Präsidenten ausgesprochen. Innerhalb von dreißig Tagen (ab vergangenem Montag) muss das Elektorenkollegium, dem die Mitglieder der beiden Häuser des Bundesparlaments und der vier Provinzversammlungen angehören, einen neuen Staatspräsidenten wählen, über dessen Machtbefugnisse noch verhandelt wird.

Der Oberkommandierende der NATO-geführten ISAF-Schutztruppe in Afghanistan, US-General David McKiernan, macht unterdessen die Schwäche der Regierung in Pakistan und die fehlende Kontrolle Islamabads über die Stammesgebiete entlang der Grenze für die sich ständig verschlechternde Sicherheitslage in Afghanistan verantwortlich. Die Kämpfer der Taliban haben in den praktisch unkontrollierten Gebieten eine sichere Rückzugsbasis und planen von dort immer größere Angriffe in Afghanistan, wie McKiernan sagte. Unter Musharraf hatte das Land von den USA seit 2001 Zuwendungen von mehr als zehn Milliarden Dollar erhalten, um den Terrorismus von Al-Kaida und Taliban zu bekämpfen.

Zwei Selbstmordanschläge auf eine Waffenfabrik in Pakistan haben am Donnerstag fast 40 Menschen das Leben gekostet. Die Attentäter zündeten ihre Sprengsätze vor der Fabrik 35 Kilometer westlich von Islamabad, als viele Arbeiter gerade auf dem Weg nach Hause waren, wie die Polizei mitteilte. Mindestens 37 Menschen wurden getötet, weitere 50 erlitten Verletzungen. Im Nordwesten eskalierten die Gefechte zwischen Armee und Islamisten in den vergangenen Wochen. Die Aufständischen hatten gedroht, eine Serie von Bombenanschlägen zu verüben, sollten sich die Soldaten nicht aus der Region zurückziehen.

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