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Koalitionspoker wieder offen

13 Wochen nach der Nationalratswahl ist eine neue Regierung wieder in weite Ferne gerückt. Schwarz-Grün ist gescheitert - damit heißt es für Schüssel zurück an den Start.

Wie es nun weiter geht, ist vorerst völlig offen. SPÖ und FPÖ haben grundsätzlich ihre Verhandlungsbereitschaft bekräftigt, allerdings nicht ohne inhaltliche Bedingungen.

Die letzte Verhandlungsrunde zwischen ÖVP und Grünen hat in der vergangenen Nacht 16 Stunde und bis 6 Uhr früh gedauert. Der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen begründete danach das Scheitern mit „letztlich doch nicht überbrückbaren Differenzen“. Obwohl es in einigen Bereichen durchaus Annäherungen gegeben habe, habe man sich vor allem in den Bereichen Budget, Pensionen, Arbeitsmarkt, Studiengebühren, Abfangjäger und Frauen nicht einigen können. Der Erweiterte Bundesvorstand der Grünen hat am Sonntag die Vorgangsweise des Grünen Verhandlungsteams einhellig gebilligt.

Van der Bellen lehnte zwar gegenseitige Schuldzuweisungen ab, trotzdem kam es in ersten Stellungnahmen von ÖVP und Grünen aber genau dazu, auch wenn der Ton dabei durchaus moderat ausfiel. Der Grüne Bundessprecher selbst warf der ÖVP „wenig Bewegung“ in der entscheidenden Verhandlungsrunde vor. Deutlicher wurden einige seiner Mitstreiter: Der Salzburger Landeschef Cyriak Schwaighofer unterstellte Schüssel, es von Anfang an aufs Scheitern angelegt zu haben. Europasprecher Johannes Voggenhuber meinte: „Die ÖVP hat den Weg zurück in die Mitte nicht geschafft.“ Migrationssprecherin Terezija Stoisits sagte, der ÖVP habe der Mut zur ökologischen Wende und zur Menschlichkeit gefehlt.

Die ÖVP sieht das naturgemäß ganz anders. Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat meinte, die Grünen habe „sozusagen auf den letzten Metern der Mut verlassen“. Verantwortlich für das Scheitern seien offenbar die unterschiedlichen Meinungen innerhalb der Grünen. Nationalratspräsident Andreas Khol (V) sagte: „Die Grünen haben eine historische Chance vergeben, sich dauerhaft als verantwortungsvolle Umweltpartei zu etablieren.“ Für Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer sind die Verhandlungen gescheitert, „weil die Grünen ganz einfach ihre Größenordnung verkannt haben“. Man könne nicht mit zehn Prozent der Stimmen 50 oder 60 Prozent der Inhalte umsetzen.

Wie es nun konkret weitergeht, darüber hüllt sich die ÖVP vorerst noch in Schweigen. „Wir werden die neue Situation beraten und dann die nächsten Schritte setzen“ meinte Khol nur. Rauch-Kallat kündigte an: „Wir müssen uns jetzt bemühen, aus den anderen beiden Optionen eine reformfreudige Regierung zu bilden“. Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll hat da bereits konkretere Vorstellungen. Er lehnt eine Neuauflage von Schwarz-Blau ab, zu Schwarz-Rot meint er nur vorsichtig, dass die Tür zur SPÖ von ÖVP-Seite offen sei. Salzburgs Landeshauptmann Franz Schausberger tritt für eine Minderheitsregierung ein, sollte auch mit der SPÖ und der FPÖ keine Regierung gelingen. Bundeskanzler Schüssel selbst wollte am Sonntag keine Stellungnahme abgeben.

Die SPÖ ist zwar weiter zu Verhandlungen mit der ÖVP bereit, aber nur auf Basis der von der Volkspartei bereits zurück gewiesenen zwölf Initiativen. Die stellvertretende Parteichefin Gabi Burgstaller kündige an, die SPÖ werde erst wieder Gespräche mit der ÖVP aufnehmen, wenn es von ihr ein eindeutiges inhaltliches Signal gebe sich zu bewegen. Sie forderte Bundespräsident Thomas Klestil auf, Schüssel „ins Gebet“ zu nehmen. Klubchef Josef Cap und der Zweite Nationalratspräsident Heinz Fischer warfen der ÖVP vor, sie agiere als ob sie eine deutliche absolute Mehrheit bekommen hätte.

Auch FPÖ-Chef Herbert Haupt bekräftigte die Bereitschaft seiner Partei zu Verhandlungen mit der ÖVP, aber auch er nannte inhaltliche Bedingungen. Er verlangt eine ernstzunehmende Steuerreform und bei den Abfangjägern müsse man die Typenentscheidung neu überdenken. Haupt behauptete auch, zwischen FPÖ und ÖVP habe es laufend Vier-Augen-Gespräche über die Bildung einer neuen Regierung auf verschiedenen Ebenen gegeben. Dieser Darstellung widersprach Rauch-Kallat allerdings. Gespräche, die es gegeben habe, seien im Rahmen der laufenden Regierungstätigkeit erfolgt.

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