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Koalition übt sich weiter im Crash-Test

Die Regierung schaut weiter, wie viel Crashes die Koalition noch aushält. Nach dem Ministerrat konnten sich Rot und Schwarz nicht einmal mehr zu einem gemeinsamen Pressefoyer zusammenfinden.

Davor hatte die SPÖ einem Entgegenkommen der Volkspartei beim Anti-Inflationspaket die kalte Schulter gezeigt. 50 Euro zusätzlicher Heizkostenzuschuss statt 100 Euro Sozialzahlung waren den Sozialdemokraten zu wenig. Indessen plant die ÖVP schon ein Revancheakt für das angekündigte Ja der SPÖ zum Untersuchungsausschuss in der Innenministeriumsaffäre.

Die koalitionäre Musik wurde heute aber im Ministerrat gespielt, der ausnahmsweise im Parlament abgehalten wurde, da Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) gleich im Anschluss in den Verfassungsausschuss eilen wollte. Trotz der rauen Töne der vergangenen Tage hatte Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) ein Anti-Inflationspaket mitgebracht, das den Wünschen der SPÖ zumindest entgegenkam.

Neben Erleichterungen etwa im Mietrecht wurde auch eine Aufstockung des Heizkostenzuschusses vorgeschlagen – quasi ein Molterer-Fünfziger als Alternative zum Gusenbauer-Hunderter. Konkret sollte den Ländern so viel an Mitteln zur Verfügung gestellt werden, dass sie allen Beziehern eines Heizkostenzuschusses 50 Euro zusätzlich auszahlen könnten. 2006 hatten immerhin 166.000 Österreicher solch einen Zuschuss bezogen.

Der SPÖ war dies freilich zu wenig. Kanzler Gusenbauer ging zwar nicht wirklich darauf ein warum, bestand nach der dreistündigen Sitzung der Regierung aber auf seinem Sozialhunderter und attestierte der ÖVP ständiges Nein-Sagen. Gusenbauer war bei dieser Aussage übrigens alleine. Denn er und Molterer konnten sich nicht einmal mehr auf den ansonsten üblichen gemeinsamen Auftritt nach der Regierungssitzung verständigen. Gusenbauer behauptete freilich, dass das nichts mit der aktuellen Lage sondern mit seinem möglichst schnellen Gang in den Verfassungsausschuss zu tun habe.

Der Vizekanzler trat wenige Minuten danach vor die Medien und attackierte die SPÖ, die sich offenbar aus einem “Justament-Standpunkt” heraus entschlossen habe, eine Chance zu vertun. Für Molterer zeichnet sich somit seitens der Sozialdemokraten eine “Eskalationsstrategie” ab: “Wenn Gusenbauer Neuwahlen will, dann soll er es sagen.” Gusenbauer hatte davor freilich schon versichert, keinen vorgezogenen Urnengang anzustreben: “Wenn es nach mir geht, wird gearbeitet und nicht gewählt.”

Während auch Molterer wie im übrigen sämtliche Minister beider Couleurs eine Neuwahl mit Hinweis auf die eigene Arbeitsbereitschaft ablehnten, tat sich der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (S) einmal mehr als Scharfmacher hervor: “Ich fürchte Wahlen grundsätzlich nicht, und kein Demokrat soll Wahlen fürchten”, sagte der Stadtchef zur APA, ohne freilich anzufügen zu vergessen, dass er selbstverständlich keinen Urnengang provozieren wolle.

Als Provokation empfindet die ÖVP das Vorgehen der SPÖ in Sachen U-Ausschuss. Justizsprecher Heribert Donnerbauer und der Abgeordnete Helmut Kukacka erklärten in einer Pressekonferenz, es “liegt auf der Hand”, dass die ÖVP das “nicht einfach kommentarlos hinnehmen” werde. Die Strategie werde man aber “intern beraten”. Für einen U-Ausschuss sieht man keinen Anlass, daher wolle man ihn auch möglichst rasch zu einem Ende führen.

Da trifft sich die Volkspartei wieder einmal gar nicht mit den Sozialdemokraten. Deren Parlamentsklub sprach sich am Mittwoch einstimmig dafür aus, bei der Nationalratssitzung am kommenden Montag einen Untersuchungsausschuss einsetzen zu lassen. Klubchef Josef Cap meinte im Anschluss sogar, in dieser Causa wäre die Einsetzung des Gremiums ein Beitrag zur Stabilisierung in der Koalition.

Während die SPÖ bisher nur bekannt gab, dass sie sich einen Vertreter der Opposition als Vorsitzenden des Ausschusses wünscht, preschen die Freiheitlichen bereits vor und reklamieren den Vorsitz für sich. “Wir sind die Sicherheitspartei”, sagte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky – und nannte die Abgeordneten Peter Fichtenbauer, Martin Graf und Herbert Aspöck als Kandidaten.

Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz wiederum präsentierte seinen Antrag auf U-Ausschuss. Darin enthalten sind 20 Fragen zu möglichem “systematischen Amtsmissbrauch zugunsten einer politischen Partei” im Innenministerium. Abgehandelt werden soll so ziemlich alles Denkbare bis hin zum Fall der Flüchtlingsfamilie Zogaj. Wer den Vorsitz erhalten soll, wollte Pilz nicht kommentieren, das BZÖ sprach sich neuerlich für einen Richter aus.

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