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Kämpfe im Libanon um Palästinenser-Lager

Nach dem Ausbruch der Kämpfe in der palästinensischen Flüchtlingssiedlung Nahr al-Bared ist es auch im Lager Ain al-Hilweh zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Islamisten und der libanesischen Armee gekommen.

Bei Kämpfen an den Grenzen des Palästinenserlagers wurden in der Nacht auf Montag zwei libanesische Soldaten sowie zwei Kämpfer der Gruppe Jund al-Sham getötet, wie die Armee und Anrainer mitteilten. Zudem seien elf Menschen, darunter sechs Soldaten, verletzt worden. Nach Krisengesprächen unter den verschiedenen Palästinenser-Gruppen flauten die Kämpfe dort wieder ab. Im Norden des Landes setzte die Armee ihre Offensive gegen Kämpfer der Gruppe Fatah al-Islam in Nahr al-Bared fort.

Ain al-Hilweh nahe der südlibanesischen Hafenstadt Sidon und rund 40 Kilometer südlich von Beirut ist mit 45.000 Bewohnern das größte palästinensische Flüchtlingslager des Landes. Unter den Verletzten dort waren auch zwei Zivilisten. Die Kämpfe wurden mit Feuerwaffen und Granaten geführt.

Hunderte Palästinenser suchten im Stadtzentrum von Sidon Zuflucht. Die Polizei des Lagers, die sich vor allem aus Mitgliedern der Fatah von Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas zusammensetzt, ging gemeinsam mit der libanesischen Armee gegen die Islamisten vor. Nach Verhandlungen mit den anderen Palästinenser-Gruppen erklärten sich die Jund al-Sham-Kämpfer bereit, ihre Positionen zu Gunsten anderer Milizen zu räumen. Die Schulen in Sidon blieben am Montag geschlossen.

Am Sonntagabend war es nach Polizeiangaben am Lagereingang von Ain al-Hilweh zu Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und Armee, bei denen ein Soldat und ein palästinensischer Zivilist verletzt wurden. Ausgelöst wurde die Gewalt demnach von einem Palästinenser, der eine Granate auf einen Armeeposten warf.

Mit den Angriffen im Süden sollten womöglich die in Nahr al-Bared im Norden unter Druck geratenen Islamisten entlastet werden. Seit zwei Wochen geht die libanesische Armee dort gegen die Fatah al-Islam vor. Ein am Freitag begonnener Angriff des libanesischen Militärs hat große Teile dieses Lagers zerstört, von dessen fast 40.000 Bewohnern die meisten seit Beginn der Kämpfe geflohen sind. Laut UNO-Angaben sind aber rund 5.000 von ihnen noch dort. Insgesamt starben seit Beginn der Gewalt am 20. Mai mindestens 110 Menschen.

Am Montag waren in Nahr al-Bared nur vereinzelte Schüsse und Explosionen zu hören. Die Armee hatte das Lager am Sonntag den dritten Tag in Folge fast ununterbrochen aus Panzern, Artilleriegeschützen und Kampfhubschraubern beschossen. Die dort verschanzten Extremisten lehnten es dennoch strikt ab, sich zu ergeben, wie es die Regierung in Beirut gefordert hatte. Die libanesische Armee berücksichtigt offenbar eine außer Kraft gesetzte Vereinbarung mit der PLO aus dem Jahr 1969, wonach sie die zwölf Palästinenser-Lager im Land mit rund 215.000 Bewohnern nicht betreten darf.

Der Fatah-Chef im Libanon, Sultan Abul Ainain, rief alle palästinensischen Gruppen dazu auf, entschlossen gegen ein Übergreifen der Kämpfe auf weitere Flüchtlingslager vorzugehen. Das „Phänomen der Fatah al-Islam“ werde in den kommenden Tagen „ausgemerzt“, sagte er im Flüchtlingslager Rashidiye im Süden des Libanon. Entsprechende Aktivitäten würden mit der libanesischen Armee koordiniert.

Jund al-Scham (Soldaten von Groß-Syrien) und Fatah al-Islam (Siegreiche islamische Eroberung) sind zwei radikale Gruppierungen sunnitischer Muslime mit lockeren Verbindungen zueinander. Jeweils mehrere hundert Kämpfer sollen zu ihnen gehören. Zu ihren Anhängern gehören Libanesen, Palästinenser und Araber anderer Nationalitäten. Beiden Gruppen werden Kontakte zu Syrien nachgesagt. Ihre Ideologie ähnelt dem Weltbild der Terroristen von Al-Kaida. Eine Verbindung zu der schiitischen Hisbollah-Miliz, die vom Iran und von Syrien unterstützt wird, sollen die Extremisten nicht haben.

Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) traf in Wien mit dem Libanon-Sonderbotschafter der Vereinten Nationen, Tere Röd-Larsen zusammen und ließ sich laut einer Aussendung über die Lage im Libanon informieren.

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