Klinisch-psychologische Therapie künftig von Kasse gedeckt
Die klinisch-psychologische Krankenbehandlung wird ab dem Frühjahr 2026 als vollfinanzierte Kassenleistung erhältlich sein. Die Gesundheitskasse (ÖGK) hat - gemeinsam mit SVS und BVAEB - einen Gesamtvertrag mit dem Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen (BÖP) abgeschlossen, gaben die Beteiligten am Mittwoch bekannt. Pro Jahr werden 120.700 Behandlungseinheiten zur Verfügung stehen. Gesichert ist die Finanzierung laut ÖGK vorerst bis ins Jahr 2028.
Über 120.000 Therapieeinheiten pro Jahr
Bisher gab es für klinisch-psychologische Behandlungen nur Kostenzuschüsse. Die neue Maßnahme soll zu einer Verbesserung der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen führen, so die ÖGK in einer Presseaussendung.
Gesichert ist die Finanzierung vorerst bis ins Jahr 2029, hieß es auf Nachfrage der APA bei der ÖGK - zuvor war von einer Finanzierung bis 2028 die Rede. Bisher gab es für klinisch-psychologische Behandlungen nur Kostenzuschüsse, und das auch erst seit dem Jahr 2024 (davor reine Selbstzahler-Leistung). Die neue Maßnahme soll zu einer Verbesserung der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen führen, so die ÖGK in einer Presseaussendung.
Mit den ab dem kommenden Jahr bereitgestellten Behandlungseinheiten entfällt die Vorfinanzierung durch die Versicherten. Auch die Wartezeiten sollen sinken. Der Zugang wird ab Frühjahr 2026 über eine zentrale Servicestelle des Berufsverbandes BÖP erfolgen. Dort können sich Versicherte künftig anmelden, im Anschluss werden sie an Klinische Psychologinnen und Psychologen in Wohnortnähe vermittelt. Die Leistungen wollen "entsprechend der Bevölkerungsverteilung" österreichweit bereitgestellt werden.
75 Millionen Euro stehen zur Verfügung
Auf Nachfrage hieß es aus dem Bundesverband und auch seitens der ÖGK, Zahlen zum Bedarf und der zu erwartenden Abdeckung desselben durch das neue Projekt lägen keine vor. In Summe stehen laut ÖGK für die Jahre 2026 bis 2029 Mittel in Höhe von 75 Millionen Euro zur Verfügung. Wahrscheinlich dürfte wohl sein, dass nicht all jene, die einen Therapieplatz suchen, sofort einen bekommen werden - es werde wohl zu Wartelisten kommen, hieß es seitens des BÖP zur APA.
Kassenleistungen werden nur über die zentrale Servicestelle angeboten, hieß es auf APA-Anfrage seitens des Berufsverbandes. Dieser vermittelt zu klinischen Psychologinnen bzw. Psychologen, die bei dem neuen Projekt an Bord sind. Weiter möglich ist es, sich selbst direkt an niedergelassene klinische Psychologinnen (wie bisher ohne Kassenvertrag) direkt zu wenden und dann einen Teil als Kostenzuschuss von der Krankenkassa zurückzubekommen.
Nicht zu verwechseln ist die Neuerung mit dem Bereich der Psychotherapeutinnen und -therapeuten, für die es schon bisher Kassenleistungen gab und die ein anderes Berufsbild darstellen.
ÖGK-Obmann Huss: "Besonders wichtiger Beschluss"
Erfreut zeigte sich ÖGK-Obmann Andreas Huss, der von einem "besonders wichtigen Beschluss" für die einheitliche Weiterentwicklung der psychosozialen Versorgung sprach. "Wir investieren gezielt in die psychische Gesundheit und stärken die Versorgung dort, wo der Bedarf seit Jahren steigt", sagte er in einer Aussendung. Man werde alles daransetzen, um mit dem Bund eine dauerhafte Finanzierung sicherzustellen, so der Obmann.
Berufsverband: "Wegweisender Schritt"
Der Berufsverband der Psychologinnen und Psychologen (BÖP) sprach in einer Aussendung von einem "wegweisenden Schritt", mit dem es ab Frühjahr 2026 (das genaue Startdatum ist noch nicht ganz fix, Anm.) "erstmals in der Geschichte" vollfinanzierte Kassenplätze für klinisch-psychologische Therapie geben wird. "Ein Meilenstein für die Psychologie in Österreich und ein wichtiger, längst überfälliger Schritt für eine bessere psychosoziale Versorgung der Menschen in Österreich", so der BÖP.
"Nach der Aufnahme klinisch-psychologischer Behandlung bzw. Psychologischer Therapie als Kassenleistung im Vorjahr sehen wir diesen neuen Schritt als einen monumentalen für alle Menschen in Österreich", erklärte BÖP-Präsidentin Beate Wimmer-Puchinger. Kostenfreie Kassenplätze würden eine niederschwellige und qualitätsgesicherte psychosoziale Versorgung für ganz Österreich ermöglichen. Auch der Kostenzuschuss für klinisch-psychologische Behandlung / Psychologische Therapie wird neben den kostenfreien Kassenplätzen weiterhin bestehen - etwa für Plätze bei Wahltherapeutinnen und -therapeuten ohne Kassenvertrag.
Ministerin Schumann: "Besonderes Anliegen"
Sozial- und Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) erklärte in einem Statement gegenüber der APA, die Ausweitung des Angebots von Leistungen zur Behandlung von psychischen Erkrankungen sei ihr ein "besonders großes Anliegen". "Jede und jeder Betroffene soll spüren können, dass die eigene seelische Gesundheit ernst genommen wird und Unterstützung nicht nur versprochen, sondern tatsächlich verfügbar ist."
Die Ressortchefin verwies auf die "vielen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit", diese hätten in den letzten Jahren "zu einer vermehrten Inanspruchnahme psychotherapeutischer Leistungen geführt". "Immer mehr Menschen haben den Mut, sich Unterstützung zu holen - und es ist unsere Aufgabe, ihnen diese Hilfe verlässlich und ohne Hürden zugänglich zu machen." Auch Schumann erinnerte daran, dass "in diesem Sinne" seit 1. Jänner 2024 die Leistungen der klinischen Psychologinnen und Psychologen der ärztlichen Hilfe gleichgestellt wurden.
Ebenso verwies die Ministerin darauf, dass bisher innerhalb der Sozialversicherung lediglich für den Bereich Psychotherapie und die klinisch-psychologische Diagnostik bundesweite Verträge bestanden. Dass es für die klinisch-psychologische Krankenbehandlung lediglich den erwähnten Kostenzuschuss gab, habe viele Menschen vor zusätzliche Belastungen gestellt - "genau dort, wo eigentlich Entlastung nötig wäre". Mit dem nun beschlossenen Gesamtvertrag werde ein "lang erwarteter Schritt" umgesetzt, "der Patientinnen und Patienten unmittelbar zugutekommt".
Unterschied klinisch-psychologische Therapie - Psychotherapie
Die Berufsbezeichnung "Psychologin" bzw. "Psychologe" ist in Österreich gesetzlich geschützt. Voraussetzung ist ein Studium der Psychologie im Ausmaß von mindestens 300 ECTS Punkten (Master- oder Diplomstudium), wird auf der Webseite des Berufsverbandes erörtert. Darüber hinaus ist für jene Arbeitsbereiche der Psychologie, welche die Gesundheit betreffen, neben dem Psychologiestudium eine Ausbildung in Klinischer Psychologie und/oder Gesundheitspsychologie erforderlich. Die Ausbildung in Klinischer Psychologie (für die die neue "Sachleistungsvereinbarung" gilt) umfasst mindestens 2.500 Stunden, jene der Gesundheitspsychologie mindestens 2.000 Stunden.
Klinische Psychologen und Psychologinnen behandeln, therapieren und beraten Menschen mit psychischen Erkrankungen. Sie setzen laut BÖP ihre Behandlung maßgeschneidert an der jeweiligen Störung bzw. den damit verbundenen Beschwerden und dem vereinbarten Behandlungsziel an, arbeiten methoden- und schulenübergreifend, evidenzbasiert nach wissenschaftlichen Standards und stützen ihr Vorgehen auf sorgfältige diagnostische Untersuchungen und wissenschaftlich evaluierte Methoden. Klinische Psychologen und Psychologinnen messen und bewerten beispielsweise Funktionen, etwa betreffend Aufmerksamkeit, Gedächtnis oder Impulskontrolle mit standardisierten Testverfahren. Therapiert wird etwa mit gezielten Trainings (beispielsweise zur Aufmerksamkeitssteigerung).
Psychotherapeuten und -therapeutinnen können, wie auch Klinische Psychologinnen und Psychologen, psychische Erkrankungen diagnostizieren und behandeln - sie spezialisieren sich auf eine bestimmte psychotherapeutische Methode (z. B. die Verhaltenstherapie). Arbeitsgebiete sind psychotherapeutische Begutachtung, Hilfestellung in Lebenskrisen, Änderung gestörter Verhaltensweisen und Einstellungen oder etwa die Förderung der Reifung, heißt es auf der BÖP-Seite. Ein Psychologiestudium ist hierbei keine Voraussetzung, sondern die Absolvierung des sogenannten Propädeutikums (mit vorangegangener Matura und bestimmten Berufen als Voraussetzung) sowie ein Fachspezifikum zu einem oder mehreren Psychotherapieverfahren.
(APA/Red)