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Klima Biennale Wien: Ohne Hoffnung gibt es keine Veränderung

"Dieses Jahrzehnt entscheiden wir. Das ist unsere letzte Chance. Deswegen ist jede Wahl eine Klimawahl", zeigte sich Ex-Gesundheitsminister Anschober überzeugt.
"Dieses Jahrzehnt entscheiden wir. Das ist unsere letzte Chance. Deswegen ist jede Wahl eine Klimawahl", zeigte sich Ex-Gesundheitsminister Anschober überzeugt. ©APA/GEORG HOCHMUTH (Symbolbild)
Die Klima Biennale Wien nennt ein Format "Dilemma Salon", bei dem Gäste und Publikum versuchen, einem Dilemma auf den Grund zu gehen.

Warum gelingt es nicht, wissenschaftliche Erkenntnis in gesellschaftliches und politisches Handeln umzusetzen, war das Grunddilemma der Klimakrise, das am Mittwoch im Festivalgelände Nordwestbahnhof von Katharina Rogenhofer, Christoph Thun-Hohenstein und Rudi Anschober diskutiert wurde. Es fehle an Visionen undEmotionen, lautete der Tenor.

"Dilemma Salon" bei der Klima Biennale Wien

"Dieses Jahrzehnt entscheiden wir. Das ist unsere letzte Chance. Deswegen ist jede Wahl eine Klimawahl", zeigte sich Ex-Gesundheitsminister Anschober überzeugt. "Aus meiner Sicht es eine tiefe politische Krise." Fortschrittliche und beharrende Kräfte stünden einander in vielen Ländern in einer Art Pattsituation gegenüber. "Es ist ziemlich Halb-Halbe derzeit. Es wird darum gehen: Gibt es ein politisches Primat oder eine Laissez-Faire-Politik, die alles weiterlaufen lässt?"

"Viele glauben, wir reduzieren die Emissionen und das war's. Das ist falsch: Klimawende ist eine ganz tiefe Systemkorrektur. Ziel ist es, zu überlegen: Was ist ein gutes Leben für mich selbst", skizzierte der Ex-Politiker eine Vision, deren Verwirklichung etliche Hindernisse entgegenstünden: "soziales Desaster, Gerechtigkeitsbarrieren, Klimakatastrophe". "Wir brauchen Gestaltungsmöglichkeiten auf der internationalen, der globalen Ebene! Wir müssen kämpfen, dass unsere Demokratien nicht zu autoritären Systemen verkommen", sagte Anschober. "Die einzige Kraft, die man dagegen stellen kann, ist Imagination, Hoffnung!"

Rogenhofer forderte mehr Mitbestimmung

Deshalb habe er in seinem Buch "Wie wir uns die Zukunft zurückholen" versucht, ein positives Bild zu malen: "Wie kann eine tolle, klasse Welt ausschauen in 15, 20 Jahren? Ich hab' versucht, die Welt so zu beschreiben, wie ich glaube, dass sie schön werden kann."

Auch Christoph Thun-Hohenstein, Mit-Initiator der Klima Biennale Wien, Ex-MAK-Generaldirektor und nunmehr für die Auslandskultur zuständig, hat ein Buch geschrieben, das Hoffnung zu machen versucht. "Ich bin ein sehr zuversichtlicher Mensch und glaube an das Prinzip der aktiven Hoffnung." Dabei spiele Kunst eine wichtige Rolle, doch "es ist in der Kunst viel leichter Dystopien zu machen als Utopien - weil dann die Kitsch-Angst kommt. Wir brauchen aber Utopien, Visionen, die aufzeigen, wie die Zukunft sein könnte."

In seinem vor wenigen Tagen erschienenen Buch "Klimaresonanz. Unsere Lebens- und Wirtschaftskultur neu gestalten" nimmt er Bezug auf die Resonanztheorie des deutschen Soziologen und Politologen Hartmut Rosa und stellt die Frage: "Wie können wir von der Resonanztheorie ausgehend ein neues Mindset entwickeln, wie wir leben wollen?" Dabei deuteten Begriffe wie Enkeltauglichkeit und Sieben-Generationen-Prinzip an, dass es um Nachhaltigkeit gehe, bei der Natur und Kunst bedeutende Rollen spielten: "Resonanz bedeutet erhöhte Lebensqualität." Die könne man aber nur durch radikalen Wandel sichern: "Wir leben in einer Zeit, in der kein Stein auf dem anderen bleibt. Wir müssen neue Wege finden, wie Partizipation und Demokratie gelebt werden kann." Dasselbe gelte für die Einbeziehung von Künstlicher Intelligenz.

Auch Katharina Rogenhofer, ehemalige Sprecherin des Klimavolksbegehrens und Vorständin des Kontext - Institut für Klimafragen, forderte mehr Mitbestimmung und beklagte Meinungsmache und Fehlinformation. "Uns wurde langsam verlernt, dass wir politische Menschen sind, dass wir mitbestimmen können." Es liege "viel Potenzial bei den Menschen, wenn sie aktiv werden - da steckt so viel Gestaltungskraft und gemeinsames Tun drinnen". Um dieses Potenzial zu wecken, benötige man aber Emotionen. "Was wir brauchen, ist ein Gefühl für die Zukunft."

Einigkeit herrschte am Podium darüber, dass das EU-Renaturierungsgesetz wider Erwarten in Österreich zu dieser Emotionalisierung geführt habe. "Dadurch, dass es ein nationaler Fight wurde, hat es Aufmerksamkeit bekommen", meinte Anschober. So sei sichtbar geworden, "wie Entscheidungsfindungen laufen".

(APA/Red)

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