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Klassengröße ist nicht so wichtig!

Angesichts der jüngsten Bemühungen der Politik, die Klassengrößen zu senken, kommt die IHS-Studie laut Bernhard Felderer zu einem überraschenden Ergebnis: Faktoren wie Klassengröße, Unterrichtszeit oder Ausbildung der Lehrer würden „keine große Rolle für die Kenntnisse der Schüler spielen“.

Dagegen hätten andere Faktoren wie familiäre Situation, sozialer Hintergrund, Auswahl der Lehrer, Zusammensetzung der Schulklassen einen viel größeren Einfluss. Für Felderer ergibt sich daraus ein „Steuerungsdilemma: jene Variablen, die leicht zu beeinflussen sind, sind nicht so leicht zu verwenden, wir müssen für Reformen tiefer greifen“.

Kritisch sieht der IHS-Chef die Konzentration der Reformdiskussionen auf das mittlere Bildungssegment. Dagegen gebe es im tertiären Sektor (Unis, Fachhochschulen, etc.) zu wenige Abschlüsse und auch eine zu geringe Differenzierung im Vergleich zu anderen Ländern.

Fachhochschulen pushen Statistik

„Gott sei Dank gibt es die Fachhochschulen, sonst würden wir arm dastehen“, sagte Felderer. Schwierigkeiten ortet er auch im untersten Bildungssegment, etwa was den Unterricht von Schülern betrifft, die schlecht Deutsch können, solche mit Migrationshintergrund oder aus sozial schwächeren Schichten. Indiz für Probleme in diesem Bereich sie die Tatsache, dass noch immer neun Prozent eines Jahrgangs keinen höheren Abschluss als die Pflichtschule aufweisen würden. „Ich glaube nicht, dass wir uns das noch leisten können“, sagte Felderer.

Die Frage sei, wie man solche schlechter ausgestatteten Schüler, aber ebenso Hochbegabte besser fördern könne. „Eine weitere Differenzierung des Schulsystems wird unerlässlich sein, in welcher Struktur das gemacht wird, wird die weitere politische Diskussion zeigen“, zeigte sich Felderer vordergründig zurückhaltend bei der Frage nach seiner ökonomischen Beurteilung der geplanten Gesamtschule. Gleichzeitig machte er aber klar, dass derzeit weder hochbegabte Schüler noch solche mit Migrations- oder bildungsfernem familiärem Hintergrund „in dieser Art von Schule, die wir heute haben, richtig gefördert werden“.

Das IHS gebe kein eindeutiges Plädoyer für eine „Gemeinsame Schule“ ab, aber wichtig für die Zukunft des Landes sei, dass man nicht Gruppen liegen lasse, und das tue man derzeit. „Damit eine gemeinsame Schule funktionieren kann, bedarf es bestimmter Strukturen, man braucht ein sehr differenziertes System von Kursen, eine bestimmte Größe der Schulen und auch viel mehr Mittel als man heute hat. Diese Schule kann nicht billiger werden“, sagte Felderer.

Internationale Vergleichsstudien würden zeigen, dass Schulergebnisse dann besser werden, wenn die einzelnen Schulen mehr Autonomie haben (Felderer: „In Österreich denkbar gering“) – etwa bei Personalentscheidungen -, Lehrer ihre Lehrmethoden selbst auswählen können, Eltern stärker eingebunden und der Lernfortschritt durch regelmäßige Prüfungen kontrolliert wird.

Externe, standardisierte Prüfungen…

Gleichzeitig sollten Schulautonomie und externe Prüfungen der Schüler kombiniert werden, denn „die Schule kann sich nicht selbst bescheinigen, dass sie gut gearbeitet hat“. Gleichzeitig sollte, so Felderer, die „Entlohnung“ der Schulen nach deren Schülerzahl erfolgen, ähnlich den Fachhochschulen, die pro Studienplatz finanziert werden. Damit würde der Wettbewerb zwischen den Schulen, auch zwischen privaten und öffentlichen, verstärkt.

„Wenn in Österreich auf einen Lehrer zehn Schüler kommen, und das ist im internationalen Vergleich ein guter statistischer Wert, aber wir noch immer Klassen mit 36 Schülern haben, wissen wir, dass wir ein Management-Problem haben“, sagte Felderer, der in der Studie auch die vielen Zuständigkeitsebenen im österreichischen Bildungswesen kritisiert.

So wisse man aufgrund der Zuständigkeits-Struktur nicht, wie die Bildungsmittel ausgegeben werden, sagte Mitautor Lorenz Lassnigg. Das IHS empfiehlt daher – wie schon der Rechnungshof -, die derzeit zwischen Bund und Ländern aufgeteilte Personalverwaltung für die Lehrer beim Bund zu konzentrieren – ein Wunsch, dem sich auch Unterrichtsministerin Claudia Schmied anschließt.

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