AA

Kirgisien: Machtkampf zeichnet sich ab

In der neuen kirgisischen Führung zeichnet sich ein Machtkampf zwischen dem amtierenden Regierungschef Kurmanbek Bakijew und dem früheren Geheimdienstchef Felix Kulow um das Präsidentenamt ab.

Während Kulow dem bisherigen Staatsoberhaupt Askar Akajew am Mittwoch Garantien für eine Rückkehr in die zentralasiatische Republik anbot, sah Bakijew darin eine Gefahr für die innere Stabilität des Landes. Nach Bakijew ließ auch Kulow sein Interesse am Amt des Präsidenten erkennen.

„Ich halte seine (Akajews) Rückkehr zu diesem Zeitpunkt für unnötig, solange sich die Emotionen noch nicht gelegt haben. Es könnte Unruhen in Bischkek und dem ganzen Land auslösen“, sagte Bakijew am Abend dem Staatsfernsehen. Akajew hatte aus seinem Moskauer Exil die Bereitschaft zum Rücktritt angedeutet, dafür aber Sicherheitsgarantien gefordert.

In Bischkek stellte nach Bakijew am Mittwoch auch der aus dem Norden stammende Kulow seine Kandidatur in Aussicht. Es müsse aber erst ein Kompromiss mit Bakijew gefunden werden. „Eine entsprechende Erklärung wird Bakijew selbst abgeben. Das wird eine kluge Entscheidung sein, die den Norden und den Süden der Republik zusammenführt“, sagte Kulow. Es werde keine Spaltung zwischen Bakijew und ihm geben.

Während Kulow vor allem im vergleichsweise wohlhabenden Norden populär ist, gilt der amtierende Regierungschef Bakijew als „starker Mann“ des verarmten Südens. Kulow war am Tag des Umsturzes aus dem Gefängnis befreit worden und bekam umgehend die Leitung der Sicherheitsdienste anvertraut. Der Politiker bat das Parlament, ihn angesichts der beruhigten Lage von dieser Pflicht zu entbinden. „Ich habe meine Aufgabe erfüllt“, sagte Kulow vor Journalisten.

Der vom alten Parlament zum amtierenden Regierungschef ernannte Bakijew sprach sich weiterhin für eine Präsidenten-Neuwahl am 26. Juni aus. Kulow dagegen bezeichnete diesen Termin im Einklang mit der OSZE als verfrüht. „Erst müssen wir eine Übereinkunft über den Rücktritt des kirgisischen Präsidenten erzielen, dann können wir uns mit dem Termin für die Präsidentwahl befassen“, sagte Kulow. Die Verfassung mache es erforderlich, dass der Präsident vor dem Parlament seinen Rücktritt erkläre.

Sollte Akajew nach Kirgisien zurückkehren, werde ihm Bewegungsfreiheit zugesichert. Auch dürfe er sein Eigentum behalten, betonte Kulow. In Interviews mit russischen Medien sagte Akajew, er verhandle nur mit dem Vorsitzenden des neu gewählten Parlaments, Omurbek Tekebajew. Die übrigen Machthaber aus den Reihen der bisherigen Opposition seien nicht legitimiert.

Auf den Straßen Bischkeks äußerten sich viele Kirgisen ablehnend über Akajew. Auslöser für die Massenproteste der Opposition waren neben Wahlmanipulationen auch Korruptionsvorwürfe gegen Akajews Familienclan gewesen.

Akajew erklärte sich in einem Interview am Dienstagabend grundsätzlich zum Rücktritt bereit. „Natürlich. Wenn man mir entsprechende Garantien anbietet“, sagte das bisherige kirgisische Staatsoberhaupt dem russischen Staatsfernsehen.

Nach dem Umsturz und den darauf folgenden Unruhen in Bischkek veröffentlichte das Gesundheitsministerium erstmals Opferzahlen. Demnach kamen bei den nächtlichen Ausschreitungen insgesamt vier Menschen ums Leben, 425 Kirgisen seien verletzt worden. In ersten Berichten war von bis zu 15 Toten in der ersten Nacht nach der Erstürmung des Regierungssitzes die Rede gewesen.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Kirgisien: Machtkampf zeichnet sich ab
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.