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Kirgisien: Kadyrbekow ist Interimspräsidenten

Das kirgisische Parlament hat am Donnerstagabend in seiner Dringlichkeitssitzung Parlamentspräsident Ischengbaj Kadyrbekow zum Interimspräsidenten des Landes ernannt.

Das berichteteten die russischen Nachrichtenagenturen. Das kirgisische Parlament beschloss außerdem laut Informationen der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstagabend in seiner Dringlichkeitssitzung außerdem, dass die Opposition bis spätestens Freitag Vorschläge für eine neue Regierung machen müsse.

Am Abend gab es zudem Berichte über Plünderungen in der Hauptstadt Bischkek. Die Polizei scheint sich zurückgezogen zu haben, berichteten Augenzeugen.
Die Opposition in Kirgisien hat mit ihren massiven Protesten am Donnerstag die Regierung aus dem Amt gejagt: Präsident Askar Akajew floh ins Ausland. Nach Angaben des Oppositionellen Bakijew trat Regierungschef Tanajew zurück. Eine Bestätigung hierfür gab es nicht. Das Oberste Gericht annulierte die Ergebnisse der umstrittenen Parlamentswahl. Anhänger der Opposition hatten zuvor den Regierungssitz in Bischkek gestürmt und besetzt. Sie warfen der Regierung der früheren Sowjetrepublik Wahlfälschung vor und forderten seit Wochen den Rücktritt von Akajew. Oppositionsführer Felix Kulow dementierte am Nachmittag Medien, die ihn mit der Nachricht vom Rücktritt Akajews zitiert hatten.

Die Opposition scheint die Lage in Kirgisien ganz in der Hand zu haben. Ein Sprecher berichtete im staatlichen Fernsehen, das Sicherheits-, das Innen- und das Verteidigungsministerium arbeiteten mit der Opposition zusammen. Akajew floh einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax zufolge nach Kasachstan.

Das Parlament trat zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Dort sagte der Präsident des Obersten Gerichtes, Kurmanbek Osmonow, das Gericht weigere sich, die neu gewählten Abgeordneten anzuerkennen, wie die Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete. Die Entscheidung des Gerichts sei einstimmig gefallen. Damit falle das Mandat an das bisherige Parlament zurück, sagte Osmonow den Angaben zufolge weiter. Die Legislaturperiode ende am 14. April. Damit erfüllte sich eine der Hauptforderungen der Demonstranten, die wegen mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten die Annulierung der Wahlen im Februar und März sowie den Rücktritt Akajews gefordert hatten.

Kulow erklärte vor der Presse in Bischkek, er habe den Rücktritt Akajews nicht bekannt gegeben. Der frühere Vizepräsident und Führer der Partei Ar Namis (Würde) war erst Stunden zuvor aus dem Gefängnis freigekommen, wo er nach eigenen Angaben seit 2000 aus politischen Gründen einsaß. Oppositionsführer Bakijew bestätigte im kirgischen Fernsehen Meldungen, wonach Akajew das Land verlassen habe. Zuvor hatte die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtet, der Staatschef und seine Familie seien getrennt in Kasachstan eingetroffen.

Die bisher größten Proteste der Opposition in der Hauptstadt Bischkek hatten am Morgen friedlich begonnen. Tausende Oppositionsanhänger mit rosafarbenen und gelben Bändern zogen unter Rufen wie „Akajew, hau ab!“ von einem Vorort der Hauptstadt zum Regierungssitz im Zentrum. Zu Beginn der Kundgebung warnte der erst am Vortag von Akajew eingesetzte Innenminister Keneschbek Djuschebajew die Demonstranten, die Polizei werde notfalls gewaltsam einschreiten.

Vor dem Regierungssitz kam es dann zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und mit Schlagstöcken bewaffneten Regierungsanhängern sowie Polizisten. Demonstranten bewarfen Polizisten mit Steinen; Beamte mit Pferden griffen ein. Am frühen Nachmittag stürmten Demonstranten das „Weiße Haus“ und warfen Porträts von Präsident Akajew aus den Fenstern. Unter dem Jubel der Menge zogen die Oppositionsführer Bakijew und Rosa Otunbajewa in das festungsartige Betongebäude ein. Bakijew forderte die Sicherheitskräfte auf, sich der Opposition anzuschließen, um eine friedliche Lösung in dem seit Tagen andauernden Konflikt zu finden. Zugleich rief er die Oppositionsanhänger auf, Ruhe zu bewahren.

Regierungsbeamte sagten, die Demonstranten hielten Verteidigungsminiser Esen Topojew und Sicherheitsminister Kaliki Imankulow in ihren Büros im „Weißen Haus“ fest. Über ihr Schicksal gab es am späten Nachmittag keine neuen Angaben.

Wenige Stunden nach der Einnahme des „Weißen Hauses“ stürmten Regierungsgegner auch das Gebäude des staatlichen Fernsehsenders. Das Fernsehen stoppte daraufhin sein bisheriges Programm und sendete Berichte über die aktuelle Lage im Land. In der südwestlichen Stadt Batken nahmen Demonstranten ein weiteres Regierungsgebäude ein. Die Opposition hielt bereits seit Tagen zwei Regierungsgebäude im Süden des Landes besetzt.

Die russische Regierung äußerte sich besorgt über die Lage in der früheren Sowjetrepublik Kirgisien. Die türkische Regierung forderte die kirgisische Opposition und die bisherige Führung zu einem Dialog auf.

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