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Kirche gibt Opfern eine Anwältin

Österreichs katholische Kirche versucht sich angesichts der Vielzahl an Missbrauchsfällen weiter in Schadenbegrenzung.
Klasnic will als Opferanwältin mit allen reden
Klasnic: "Unabhängige Opferbeauftragte"
Austrittswelle erfasst Vorarlberg

Nach Schuldbekenntnis und Bußgottesdienst traf Wiens Erzbischof Christoph Schönborn am Donnerstag seine “unabhängige Opferbeauftragte”, die ehemalige steirische Landeshauptfrau, Waltraud Klasnic (V). Diese gab danach ihre Kontaktdaten bekannt, eine Expertin ist ab sofort erreichbar. Unterdessen rollt auf die Kirche eine Austrittswelle zu.

Die Telefonnummer der “Opferanwaltschaft” lautet 0664/9807817, daneben gibt es die E-Mail-Adresse opferschutz@gmx.at. Klasnic, sie fungiert als ehrenamtliche Leiterin der Institution, erzählte, dass sich bereits viele Menschen gemeldet hätten, die in ihrer Kommission mitarbeiten wollten. Namen wollte sie noch keine nennen. “Vom Richter bis zum Psychologen, vom Militärfachmann bis zum Juristen” hätten jedenfalls schon viele Experten ihr Interesse an der Unterstützung der Kommission bekundet.

Die “Opferanwältin” schloss auch nicht aus, dass man mit Vertretern von Opfervereinigungen ins Gespräch kommen werde. Ob diese auch Platz in der Kommission haben werden, ist noch nicht klar. Konkret will Klasnic die unterschiedlichen Institutionen – etwa den geplanten staatlichen Runden Tisch und die diözesanen Ombudsstellen – miteinander vernetzen. Unabhängigkeit ist ihr wichtig, Unvereinbarkeit durch ihre Nähe zur Kirche sieht die Vorsitzende des Dachverbands Hospiz keine.

Angesichts der Missbrauchsfälle steigen die Kirchenaustrittszahlen. In der Erzdiözese Wien wurde von Jahresbeginn bis 31. März ein Anstieg um rund 28 Prozent verzeichnet, auch in St. Pölten wird ein Anstieg erwartet. In Graz haben alleine im März rund 1.000 Katholiken der Kirche den Rücken gekehrt (Schnitt 2009: 220 bis 230). In Kärnten rechnet man mit einer Steigerung der Austritte um rund die Hälfte gegenüber dem Vorjahr.

Die Diözese Innsbruck verzeichnete seit Jahresanfang insgesamt 1.348 Abgänge. Allein in den ersten drei Märzwochen waren es es rund 200 mehr als im gesamten März des vergangenen Jahres. Die Diözese Feldkirch verlor allein in den ersten drei Monaten mindestens 1.850 “Schäfchen” (367 – plus 50 noch nicht bearbeitete Austritte – im Bezirk Dornbirn, mehr als 600 im Bezirk Bregenz, 315 in Bludenz, 517 im Bezirk Feldkirch), das sind mehr Austritte als 2008 im gesamten Jahr (1.793).

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