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"King Arthur" im Theater an der Wien als multimediale Kindergeschichte für Erwachsene

"King Arthur" wird derzeit am Theater an der Wien aufgeführt.
"King Arthur" wird derzeit am Theater an der Wien aufgeführt. ©APA/Herwig Prammer
"King Arthur" wird im Theater an der Wien aufgeführt. Das Duo Bechtolf/Crouch macht aus Purcells Semi-Opera ein buntes Spektakel voller Humor und bietet eine multimediale Kindergeschichte für Erwachsene.

Lange währte die Blütezeit der Semioperas als englische Ausprägung der Barockoper nicht. Dabei mutet die wilde Verschmelzung von Schauspiel und Musik, Tanz und Spektakel heute überaus modern an – zumindest, wenn sie in einer Inszenierung wie bei Henry Purcells “King Arthur” im Theater an der Wien daherkommt. Sven-Eric Bechtolf und Julian Crouch konnten sich Donnerstag den verdienten Jubel abholen. Die beiden Theaterveteranen mühen sich erst gar nicht, den fragmentierten Nummernoperncharakter des 1691 uraufgeführten Werks zu übertünchen, sondern setzen stattdessen auf schnelle Wechsel der Bilder und Tonalitäten. Ihr als Koproduktion mit der Staatsoper 2017 in Berlin erstmals aufgeführter “King Arthur” ist ein Multimediaspektakel aus Musik und Sprache, Video und Gesang.

Da kommt ein Flugzeug ebenso zu Ehren wie ins 21. Jahrhundert versetzte Neuadaptionen barocker Kulissen und haben die charakteristischen Puppen des einstigen Salzburger “Jedermann”-Regisseurs Julian Crouch ihren Einsatz. Kleine visuelle Metaphern und großer Klamauk verbinden Dialoge in bester Commedia-dell’Arte-Tradition mit MeToo-Anspielungen und aufgeklebten Phalli.

“King Arthur” im Theater an der Wien

Bei all diese Bombast der Ideen greifen Crouch und Bechtolf zu einem probaten Mittel, das in barocker Manier in seiner Komplexität verwirrende Libretto mit einer Rahmenhandlung als Kindergeschichte eines Buben am Ende des Zweiten Weltkriegs zu verkleiden – und so die Geschichte für Erwachsene verständlicher zu machen. Das Geschehen um König Arthur und den Sachsenherrscher Oswald, die um die Macht in Britannien und um die Liebe der blinden Emmeline kämpfen, wird so zum kunterbunten Wechselspiel.

Das degradiert die Musik streckenweise zum Hintergrundklang – was durchaus in der historischen Tradition steht und zugleich an der Interpretation der Partitur durch den Concentus Musicus unter Stefan Gottfried liegt. Das Originalklangensemble liefert eine gewohnt gepflegte, solide Interpretation ab, der allerdings das Feuer fehlt. Stattdessen beschränkt man sich auf eine gut ausgearbeitete Theatermusik.

Ambivalent gestaltet sich auch die Sängerriege. Bereits bestens bekannt am Theater an der Wien ist Robin Johannsen, der sich mit Johannes Bamberger und Dumitru Madarasan zwei der größten Nachwuchshoffnungen des Jungen Ensembles hinzugesellten. Jonathan Lemalu liefert indes eine der enttäuschendsten, stimmschwachen Interpretationen der berühmten Arie des Cold Genius ab.

Durch die Bank homogener zeigt sich da die Schauspielerriege, angeführt von Michael Rotschopf als maskulin-melancholischer Arthur und Oliver Stokowski als klamaukaffiner Quälgeist Osmond. Bei allem Humor und aller Ironisierung des pathosschwangeren Patriotismus bleibt am Ende der historischen Großbritannien-Elogie über den Gründungsmythos der Nation in Brexit-Zeiten doch unwillentlich ein bitterer Beigeschmack. “Was eben noch uns ewig heilig schien, ist morgen schon vergessen”, so die erschreckend aktuelle Lebensweisheit von Opa an den Enkel.

(APA/Red)

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